Rezension

Der deutsche Italien-Urlauber, wie er im Buche steht

In der ersten Reihe sieht man Meer
von Volker Klüpfel Michael Kobr

Bewertet mit 5 Sternen

Das bislang für seine Kriminalromane bekannte Autorenduo Klüpfl/Kobr hat dieses Mal einen vergnüglichen Unterhaltungsroman geschrieben. Schon äußerlich ist dem Buch deutlich anzusehen, dass es eine Lektüre über und für den Urlaub ist – der Schutzumschlag ist nach Art eines Fotoalbums gestaltet, in dessen Zentrum sich ein mit plastischen Fotoecken befestigtes Foto eines Standurlaubers befindet. Passend dazu sind den einzelnen Kapiteln Schwarzweißurlaubsfotos vorangestellt, die aus den privaten Alben der Autoren stammen. Eine schöne Idee ist es, dass in den Kapiteltiteln die Namen bekannter Sommerhits aus den 80er Jahren aufgenommen werden (z.B. „Azzurro“, „Santa Maria“, „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt“). Um eben jene 80erJahre geht es inhaltlich. Während der Vorbereitungen auf die bevorstehende Urlaubsreise mit der Familie schläft Familienoberhaupt Alex über alten Fotoalben ein und lässt im Traum den ersten Adriaurlaub mit seinen Eltern, seiner Schwester und Oma Revue passieren. Dieser im Alter von  15 Jahren gemachte  Sommerurlaub wird nachfolgend beschrieben – angefangen vom Resteverzehren zu Hause, weiter mit der Autofahrt über den Brenner im Ford Sierra, dem Großreinemachen im italienischen Ferienhaus und der Versorgung mit mitgebrachten Lebensmitteln, bis hin zum Sonnenbaden am „Teutonengrill“ inklusive aufdringlichen Strandverkäufern. Das Klischee des deutschen Italien-Urlaubers wird meisterhaft bedient. Bestimmt hat die Geschichte beim einen oder anderen Leser Wiedererkennungswert. Ein besonderer Reiz liegt darin, dass Alex, aus dessen Perspektive erzählt wird, immer wieder Dinge erwähnt, die es damals noch gar nicht gegeben hat, z.B. fragt er einmal während der Suche nach Abwechslung, ob sie nicht einfach im Netz schauen können, ob irgendwo was los ist. So etwas stößt immer wieder auf seltsame, aber nur zu verständliche Reaktionen der anderen Familienmitglieder („In welchem Netz denn? Willst du mit einem Fischerboot rausfahren?“) Die Geschichte ist sehr humorvoll geschrieben. Schön zu lesen sind die radebrechenden Sätze der um Deutsch bemühten italienischen Freunde und die auf dem Fuße folgenden belehrenden Berichtigungen des Vaters, aber auch die abfälligen Bemerkungen der Oma über den ihr nicht genehmen Schwiegersohn. Gegen Ende empfand ich das Ganze zwar als etwas überfrachtet mit den so zahlreichen Erlebnissen der Familie Klein in nur zwei Wochen und wirkte es etwas realitätsfern, wie schnell und mit welchen Geschäftsmethoden der Teenager Alex den nicht florierenden Strandkiosk seiner einheimischen Freunde zum Boomen gebracht hat. Beides tut aber meiner uneingeschränkten Leseempfehlung keinen Abbruch.