Rezension

Fallanalytikerin?! - eher psychotischer Nervbolzen

Neuntöter - Ule Hansen

Neuntöter
von Ule Hansen

Bewertet mit 2 Sternen

"Vor Menschen hat sie Angst. Serienmörder versteht sie. Berlin, Potsdamer Platz. Beim Klettern auf einem Baugerüst macht ein Junge eine grausame Entdeckung: Drei Leichen, einbandagiert in Panzertape, hängen in schwindelerregender Höhe an den Gerüststangen. Sie sehen aus wie Mumien und scheinen in dieselbe Richtung zu blicken, als würden sie auf etwas warten. Als die menschenscheue Fallanalystin Emma Carow auf den Fall angesetzt wird, ist ihr schnell klar, dass er für ihre Karriere entscheidend ist. Doch je fester sie sich verbeißt, desto mehr droht ein altes Trauma sie in den Abgrund zu ziehen."
Eigentlich ist schon im ersten Kapitel klar worum es geht. Um das Trauma einer vor Jahren vergewaltigen Frau, deren Peiniger verurteilt wurde, seine Strafe abgesessen hat und jetzt aus der Geschichte Kapital schlägt, indem er ein Buch darüber schreibt. Ich habe viele begeisterte Rezensionen zu diesem Werk gelesen und gedacht, na wird schon... Leider nicht!
Der Kriminalfall dient als Katalysator für weitere Probleme, die sich die Hauptfigur selbst schafft, und kommt dadurch viel zu kurz. Emma Carow ist in ihren Ängsten gefangen und hat offensichtlich niemanden, der ihr bei deren Bewältigung hilft. Die Therapeutin, die sie politisch korrekt besucht, scheint nichts zu nützen, denn Emma kommt mir vor, als wäre die Tat gestern passiert. Und für mich bleibt die Frage, warum müssen belastete Hauptfiguren ständig mit weiteren Problemen geschlagen werden. Im tatsächlichen Leben würde das niemand überstehen und eine Arbeit, speziell auf einer solchen Stelle, wäre gänzlich unmöglich.
Nun gut, der Fall - eigentlich eine interessante Idee mit sehr spezieller Auflösung. Aber schon tut sich das nächste Problem auf.
Bei den ersten Leichen gibt sich das Autorenpaar Mühe, es werden Namen und Hintergründe ermittelt und Verbindungen gesucht. Und wie es sich für einen guten Thriller gehört, werden weitere Leichen gefunden. Bei den Letzten reicht es nicht einmal mehr für die Namen geschweige denn für die Ermittlung von Hintergründen, denn es wird sich ausschließlich mit der Psychologie von Frau Carow beschäftigt. 
Ein für mich ganz fürchterliches Stilmittel - Frau Carow handelt, nein doch nicht, sie denkt es nur und tut nach einer halben Seite denken, etwas völlig anderes... Dieses Spiel wird häufiger gespielt und hat mich absolut genervt. 
Ich habe das Buch während eines Urlaubs gelesen. Hätte ich arbeiten müssen, hätte ich sicher nicht die Geduld aufgebracht es zu beenden. Zwischenzeitlich habe ich quer gelesen, um zumindest die, zugegeben interessante, Auflösung zu erfahren.
Einzig das Ende läßt hoffen, dass sie nun endlich einen Weg gefunden hat mit ihrer Vergewaltigung umzugehen und sich aus ihrem selbstgeschaffenen Chaos befreien kann. Dies ist auch der Grund, warum ich meine 1,5 Sterne Bewertung auf 2 Sterne aufrunde.
Fazit: Aufgrund der nervenden Hauptfigur nicht empfehlenswert. Vielleicht wird der zweite Teil besser. Ich werde ihn mir zumindest mal ansehen, denn Fallanalyse interessiert mich sehr.