Rezension

Für zwischendurch

Stadt aus Trug und Schatten - Mechthild Gläser

Stadt aus Trug und Schatten
von Mechthild Gläser

Flora ist eine ganz normale 17-jährige. Bis zu dem Zeitpunkt, als sie beginnt am helllichten Tag Schatten zu sehen. Zuerst haben diese keine Form, aber mit der Zeit gewinnen sie an Kontur und schließlich kann Flora die Schattengestalten einwandfrei erkennen – geflügelte furchterregende Pferde mit nicht minder Angst einflößenden Reitern. Damit nicht genug, sie scheinen Flora auch noch zu verfolgen.

Nach der Schule zuhause angekommen, erwartet Flora die nächste ungeliebte Überraschung. Ihr Vater hat einen Austauschschüler aus Finnland in der gemeinsamen Wohnung einquartiert. Marian weicht Flora tagsüber kaum noch von der Seite. Und auch nachts ist er in ihren Träumen allgegenwärtig.

Flora tritt nun Nacht für Nacht in die Welt von Eisenheim ein und muss sich dort bewähren. Sie erfährt, dass die Seelen aller Menschen jede Nacht in Eisenheim verbringen, sich aber weltweit nur einige tausend dieses Umstandes bewusst sind. Diese werden „Wandernde“ genannt.

Es ist zunächst unklar warum Flora eine „Wandernde“ wurde. Nach und nach erfährt Flora einige Hintergründe und auch, dass sie  Marian in Eisenheim bereits länger und besser kennt.

Bald beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen, der „Weiße Löwe“ , ein Stein mit geheimnisvollen Kräften wurde von Flora gestohlen, als sie sich ihrer Traumreisen noch nicht bewusst war. Verschiedene Personen haben es aus unterschiedlichen Beweggründen auf den Stein abgesehen und brennen nun darauf, Flora in ihre Gewalt zu bringen und den Standort des Steins herauszufinden. Flora aber hat keinerlei Erinnerungen an ihre Traumreisen bevor sie zur Wandernden wurde.

„Stadt aus Trug und Schatten“ ist ein flüssig geschriebenes Buch, dass sich zur Hälfte in Eisenheim abspielt. Eisenheim – einer faszinierenden Welt in Schwarz, Weiß und Grau. Dort gibt es keine Farben, die Physik folgt anderen Gesetzen, die Menschen kleiden sich im Stil der 1920er Jahre – sowieso alles erinnerte mich unweigerlich an das Europa der Zwischenkriegszeit.

Eisenheim ist liebevoll und detailliert gestaltet, eine Stadt, die ich selbst einmal gerne besuchen würde. Es gibt einige interessante Charaktere im Buch, deren persönliche Schicksale mich interessieren würden – so wie etwa der graue Kanzler,  Fluvius Grindeaut, oder Marians Vergangenheit.

Allerdings waren mir einige Sprünge zu heftig. Der Wechsel zwischen Floras Nacht- und Tagleben schien mir nicht ganz glaubwürdig. Obwohl sie die ganze Nacht in ihren Träumen einen kompletten Alltag erlebt, kann sich ihr Körper erholen und sie wacht ausgeruht am nächsten Morgen auf.

Alle Menschen dieser Erde treten nachts in Eisenheim ein und leben dort, können sich aber nicht aktiv daran erinnern. „Sie träumen nur“, heißt es im Buch, wenn aber die Seele in Eisenheim verweilt, wie funktioniert, dann das Träumen?

Flora konnte in der realen Welt von Schatten angegriffen werden, weil sie eine Wandernde war. Für normale Menschen waren diese Schatten nicht gefährlich und auch nicht sichtbar. Wie können Schatten einem materiellen Körper Schaden zufügen?

Noch eine Unstimmigkeit war für mich, dass Verletzungen, die in Eisenheim passierten nicht auf den materiellen Körper übertragen wurden, wird die Seele allerdings in Eisenheim getötet, dann stirbt auch der Körper in der realen Welt?

Ich hoffe, dass sich einige meiner Fragen in der Fortsetzung klären werden, denn Eisenheim war trotz einiger Kritikpunkte eine sehr schöne Welt in die ich eintauchen durfte.