Rezension

Traditionell, magisch, farbenprächtig, romantisch, dramatisch und vieles mehr…

Zorn und Morgenröte
von Renee Ahdieh

Bewertet mit 5 Sternen

》INHALT:

Zorn, Hass und Rache treiben Shahrzad dazu sich freiwillig als neuste Braut des Kalifen von Chorasan, Chalid Ibn al-Rashid, zu melden. Einige Nächte zuvor hat sie ihre beste Freundin an ihn verloren – ihn, der jede Nacht ein willkürlich ausgesuchtes Mädchen heiratet und es im Morgengrauen hinrichten lässt. Doch Shahrzad hat nicht vor ihnen zu folgen. Ihr einziges Ziel ist es zu überleben und den Mann zu töten, der jede Nacht einer anderen Familie das Licht nimmt. Und so beginnt sie zu erzählen…

 

》EIGENE MEINUNG:

Ich kann mich noch daran erinnern, als ich dieses Cover zum ersten Mal gesehen habe: Für mich ein absoluter Traum aus 1001 Nacht! Die blaue Hintergrundfarbe ist nicht gleichmäßig, sondern changiert wunderschön. Die feinen, goldenen Zeichnungen wirken verspielt und glänzen, so dass ein kostbarer Eindruck einsteht. Das runde Fenster durch das man den Ausschnitt eines Gesichtes erkennen kann erinnert mich an die Gestaltung orientalischer Fensterläden. Für mich hebt es sich ganz klar von der Gestaltung anderer Cover ab und in dem Ausdruck in dem kleinen Bereich, der von Shahrzads Gesicht zu sehen ist, konnte ich mich verlieren.

 

Der Roman basiert auf der Geschichte von Scheherazade, die dem Kalifen jede Nacht eine Geschichte erzählt und so überlebt. Allerdings muss ich gestehen, dass ich sie nie wirklich gelesen, gesehen oder gehört habe. Hier beginnt alles mit einem Prolog der nachdenklich macht und bereits Spannung aufbaut. Etwas schwer habe ich mich allerdings lange mit den orientalischen Namen getan. Besonders wenn sie in ihrer Langform oder mit Titeln genannt waren war ich unsicher. Das Setting hingegen hat mich völlig in seinen Bann gezogen. 1001 Nacht, Paläste, Wüsten, Jagdfalken, Gärten, wertvolle Stoffe, orientalische Speisen, prächtige Farben. Meine Urlaubsplanung hat sich wie automatisch in Richtung Marokko verlagert! ;)

 

Die Charaktere haben es mir teils etwas schwerer gemacht. Hauptsächlich wird aus der Sicht von Shahrzad erzählt und gerade sie war mir am Anfang nicht ganz so nah. Ihr Hass hat sie für mich etwas unnahbar gemacht, etwas zu eigensinnig, unberechenbar und trotzig. Für eine, als so klug beschriebene, junge Frau mit einem klaren Plan handelt sie teilweise klar unüberlegt. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass einem als Leser relativ klar ist, dass mehr hinter der Sache steckt als Grausamkeit. Mit dem Kalifen hat man zu Beginn wenig zu tun. Er redet nicht viel und lässt einem über sich selbst völlig im Dunklen. Aber es gibt eine Szene, die anderen Rezensenten sehr aufgestoßen ist und die ich auch erwähnen will. Erotik oder Sex spielen nicht wirklich eine große Rolle im Roman, allerdings gibt es ihn und gerade zu Beginn kommt einem durchaus das Wort Vergewaltigung in den Sinn. Sie ist weder gewalttätig, noch fällt das berühmte Wörtchen „Nein“, aber sie ist wahrnehmbar. Ich will dies deshalb absolut nicht gutheißen, aber mir ist sie beim Lesen nicht so negativ aufgefallen, da ich das Gefühl hatte Shahrzad war dies, vor ihrer Entscheidung sich freiwillig zu melden, bewusst und sie hat es für ihre Rache akzeptiert. Ich bin allerdings auch eine erwachsene Frau – wie sich so etwas auf jugendliche Leser in der Zeit der ersten Liebe auswirkt kann ich schwer sagen…

Im Laufe der Geschichte lernen wir noch einige weitere Personen und deren Sicht auf die Dinge kennen – hier traf mich wieder das besagte Namensproblem. Allerdings wurde mir dadurch auch klar, dass ein zweiter Teil (entgegen der Meinung einiger Rezensenten) für mich durchaus gerechtfertigt ist. Man kann allerdings auch mit dem Ende des ersten Teiles abschließen, wenn gewünscht.

 

Die Erzählung handelt aber von weit mehr als ich zu Beginn dachte: Eine erzählte Geschichte um einen Tag Aufschub vom Tod zu bekommen ist da wirklich nur ein Grundstein und zum Glück kommt danach schnell Abwechslung ins Spiel. Hätte dies tagelang funktioniert hätte ich auch am Intellekt des Kalifen gezweifelt und ihn wohl wenig attraktiv gefunden. Die Nebencharaktere sorgen außerdem dafür, dass es neben weiteren Erzählfäden auch andere Orte – abseits des Palastes – zu erleben gibt. Die fantastischen Elemente die sich hier mit anschließen haben mir gut gefallen. Sie erscheinen durchdacht, haben ihren Preis und eine erschreckende Macht!

 

Die Liebesgeschichte – so seltsam es klingt – bildet natürlich einen Schwerpunkt, war für mich aber nicht aufdringlich oder hat alles andere überdeckt. Allerdings hätte für die Kürze der Zeit vielleicht auch eine Freundschaft mit Ansätzen zum Verlieben gereicht. Leider kennt man das mit der schnellen großen Liebe mittlerweile ja aus vielen Jugendbüchern.

 

Der Schreibstil der Autorin hat mir gut gefallen. Er war flüssig, fesselnd und sehr bildgewaltig! Man konnte sich richtig an die Orte träumen, die Wüste und die Pflanzen im Palastgarten riechen, die orientalischen Farben sehen, die Speisen schmecken! Zu Beginn und am Ende findet sich eine Karte mit den wichtigsten Orten – richtig viel habe ich sie allerdings nicht benutzt. Spannend fand ich, dass die Orte als „eine historische Region in Zentralasien im Gebiet der heutigen Staaten Afghanistan, Iran, Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan“ im Internet zu finden ist. Im Anschluss an das Buch befindet sich ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen im Buch – viele davon kannte ich ohne Hilfe tatsächlich nicht.

 

Empfehlen kann ich auch noch die eShorts die es zur Geschichte gibt:

  1. Honig und Gift
  2. Zorn und Morgenröte
  3. Fluch und Flammen
  4. Rache und Rosenblüte
  5. Motte und Licht

 

Gerade der Kritikpunkt einiger Rezensenten, dass der Kalif Shazi nur wegen ihrer Geschichte am Leben lässt, wird hier sehr flott entkräftet!

 

 

》FAZIT:

Farbenprächtig, orientalisch, fesselnd und emotional: Eine Fantasygeschichte aus 1001 Nacht, deren 2. Teil für mich durchaus gerechtfertigt ist! Man träumt sich fort in das tolle Setting!