Rezension

Wer erfand die Glühbirne?

Die letzten Tage der Nacht - Graham Moore

Die letzten Tage der Nacht
von Graham Moore

Bewertet mit 4 Sternen

»… Mit dieser Frage war die ganze Geschichte ins Rollen gekommen.«

Wir schreiben das Jahr 1888. New York steht an einem Wendepunkt, denn obwohl die meisten Straßen noch von Kohlegaslampen beleuchtet werden, ist die strombetriebene Glühbirne auf dem Siegeszug. Doch zwischen dem via Patenteintrag offiziell bestätigtem Erfinder Thomas Alva Edison und seinem Konkurrenten George Westinghouse entbrennt ein erbitterter Streit um die bahnbrechende Erfindung, denn Westinghouse behauptet, Edisons Birne sei nur eine Birne und nicht DIE Birne. Der junge, intelligente und ehrgeizige Anwalt Paul Cravath muss sich seine Sporen zwar noch verdienen, wird aber dennoch von Westinghouse engagiert, um für das Recht, die eigenen (besseren?) Glühbirnen herstellen und verkaufen zu dürfen, zu kämpfen. Neben technischen Schwierigkeiten, dem Patentrechtstreit und anderen Spitzfindigkeiten kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Mit welchem Strom soll das Netz zur Versorgung der Birnen etabliert werden? Gleichstrom oder Wechselstrom? Während der Geschäftsmann Edison auf Gleichstrom schwört, baut der handwerklich versierte Westinghouse auf Wechselstrom und stützt sich dabei auf die Versuche des genialen aber äußerst exzentrischen Visionärs Nikola Tesla.

Die Glühbirne – Wer hat sie denn nun wirklich erfunden? Und wie endete der in den USA zwischen 1888 und 1896 tobende "Stromkrieg"?

In »Die letzten Tage der Nacht« (OT: The Last Days of Night) nimmt uns der Autor Graham Moore auf eine spannende, interessante und zugleich lehrreiche Reise in ein aufregendes Zeitalter bahnbrechender Erfindungen mit. Obwohl es ein fiktiver Roman ist, basiert er doch auf historischen Fakten und real existierenden Personen sowie Ereignissen. In seinen überaus interessanten Nachbemerkungen klärt Moore im Detail auf, welche künstlerischen Freiheiten er sich wo genommen hat.

Die Geschichte selbst lässt er den aufstrebenden Anwalt Paul Cravath erzählen, ein Mann, der zu Anfang des Romans noch absolut keine Ahnung von Technik, Glühbirnen oder Elektrizität hat. Etwas, das sich im Verlauf ändern wird und mit ihm gemeinsam lernen auch wir – die Leser – wie komplex dieser gigantische Patentstreit und der "Stromkrieg" selbst sind. Während man gebannt der vielschichtigen Geschichte folgt, werden beinahe ganz nebenbei einfach und verständlich Grundlagen der Physik und Chemie erklärt. Wir werden mit unglaublichem Erfindergeist, Genialität, Ehrgeiz aber auch mit politischem Machthunger und Korruption konfrontiert. Außerdem erleben wir hautnah die interessante persönliche Entwicklung Cravaths mit, der aus der Not eine Tugend macht und das Anwaltswesen modernisiert.

Der Roman ist an vielen Stellen durchaus technisch und komplex, man sollte also ein gewisses Interesse für das Thema an sich mitbringen, um die Geschichte in vollen Zügen genießen zu können. Aber Moore lässt so gut wie keine Längen aufkommen, fesselt den Leser mit seinen interessanten Charakteren und würzt das Ganze dezent mit einer zarten Liebesgeschichte ganz ohne Kitsch. Jedem Kapitel vorangestellt sind kluge Zitate bekannter Persönlichkeiten, womöglich schlägt der Autor so auch einen Bogen zur Gegenwart, denn die Themen Moral und Gesellschaftskritik sind stets allgegenwärtig – damals wie heute.

Fazit

Graham Moore hat einen in jeder Hinsicht interessanten und spannenden Roman geschrieben, der mich nicht nur gekonnt unterhalten hat, sondern mir auch noch ganz nebenbei das ein oder andere beibringen konnte. In diesem Sinne eine klare Leseempfehlung für alle, die sich für das Thema an sich und für (unsere) Historie als solches interessieren.