Rezension

Zeit der Gewalt. Ein mitreißendes Epos auf Mut und Widerstand.

Die Frauen von Carcassonne - Kate Mosse

Die Frauen von Carcassonne
von Kate Mosse

Sandrine erlebt die dunklen Jahre des zweiten Weltkrieges noch relativ unbeschwert in ihrer Heimatstadt Carcassonne im Süden Frankreichs. Mit ihrer Schwester Marianne und der Haushälterin Marieta, die sich um die Mädchen kümmert, seit ihr Vater, Francois Vidal, als Soldat in den Ardennen fiel, genießt die 18jährige ihre Jugend noch mehr als sie die Kriegsgefahren fürchtet.

Der Norden des Landes wird von Faschisten beherrscht, doch auch im Languedoc bleiben die Menschen nicht von den Auswirkungen der feindlichen Besatzer verschont, es herrschen Verrat und Willkür, es bilden sich Gruppen des Widerstandes und Aufbegehrens gegen die Gewalt, zu deren Opfern eines Tages dann auch Sandrine gehört, die einem Ertrinkenden im Fluss Hilfe leistet und dabei niedergeschlagen wird. Mit einem Male wird sie mit der Bewegung  konfrontiert, die so lange schon im Untergrund als sogenannte Resistance einen unerbittlichen Kampf gegen den übermächtigen Feind führt. Der Mann, den sie trifft, ist Raoul, einer der Widerstandskämpfer, dessen Leuten sich auch Sandrines Schwester Marianne und ihre Freundinnen bereits angeschlossen haben. Zwischen den beiden Menschen wächst eine Liebe, für die in solchen Drangsalszeiten kein Platz zu sein scheint, es ist die Stunde der Demonstrationen, des Verrats und der blutigen Vergeltung, nicht die des Vertrauens und der Hingabe. So schließt auch Sandrine sich der Gruppe "Citadell" an, wird mehr und mehr in die Aktivitäten des Untergrundes hineingezogen, die überall Gefahren, Gefangenschaft und Folter bergen und deren Spitzel aus den eigenen Reihen den Tod bringen können.

Über allen der Zeit entsprechenden Situationen wird noch ein mystischer
Codex aus dem 4. Jahrhundert erwähnt, welchen laut alter Überlieferungen der Mönch Arinius  im Jahre 342 von Gallien aus als eine Papyrus-Rolle, deren Worte er selbst nicht verstand, deren Klang er aber in den kühlen Gängen seines Klosters gehört hatte, in Sicherheit brachte, damit dies wertvolle Vermächtnis nicht in die Hände von leugnerischen Ketzern fiel.

Er war sicher, der von Gott erwählte Bote für diese Aufgabe zu sein, und sein Ziel war erreicht, als er die Glocke von Carcaso läuten hörte.

Aber wer würde sich heute in den Besitz des Pergaments bringen ? Es geht die Sage, dass die Kraft dieses Codex seinem Besitzer  Sieg und Rettung im laufenden Kampf verschaffen könne. So sind die Begehrlichkeiten groß, das kostbare Relikt zu erlangen und nicht nur gläubige Herzen erhoffen es für das Languedoc sondern auch die alten Feindschaften wollen noch immer seine Vernichtung.

Kate Mosse hat einen imposanten, intelligenten, wortgewaltigen Roman geschrieben, dessen wunderbar bildreicher Sprache man sich nicht entziehen kann. Alle Gefühle, deren ein Mensch fähig ist, spiegeln sich im Verhalten und Ausdruck ihrer Protagonisten, die den Leser im Verlauf der Zeitgeschichte in einen atemlosen Bann ziehen.

Es ist die Darstellung einer Realität, die der unsrigen heute noch ganz nah' ist und dennoch durch die  Brutalität der damaligen Geschehnisse eine große gefühlte und gewollte Abständigkeit vermittelt, die uns entsetzt fragen lässt, wie solche Dinge überhaupt geschehen konnten - unfassbar.

Der Umfang des Werkes, das mit seinen annähernd 900 Seiten im ersten Moment doch vom Leser einen "geballten" Einsatz erfordert, ist in diesem Fall absolut in positivem Gleichklang mit der schriftstellerischen Fülle dieses Stücks unserer Zeitgeschichte zu sehen und lässt sogar Bedauern aufkommen, wenn die letzten Seiten umgeblättert wurden.

Von mir eine absolute Leseempfehlung mit höchster Bewertungsziffer.