Rezension

Ophelia wächst über sich hinaus

Die Spiegelreisende Band 2 - Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast - Christelle Dabos

Die Spiegelreisende Band 2 - Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast
von Christelle Dabos

Bewertet mit 5 Sternen

Gerade erst hat Ophelia ihre ersten großen Abenteuer in der Himmelsburg überstanden und ihre Rolle als Page Mimo abgelegt, als sie auch schon in das nächste Chaos hineinstolpert. Der launische Familiengeist Faruk ernennt sie aus unerfindlichen Gründen zu seiner Vize-Erzählerin, dabei ist Ophelia weder für spannende Geschichten noch für große Zuhörermassen geeignet. Darüber hinaus erschüttert das Verschwinden einiger Adeliger die Stadt, das Verhältnis zu ihrem zukünftigen Ehemann Thorn ist noch immer schwierig und zu allem Überfluss hat auch noch Ophelias Familie ihren Besuch angekündigt.

Die Welt, die Christelle Dabos hier erschaffen hat, weiß noch immer zu faszinieren: fantasievoll, voller technischer Spielereien und mythischer Elemente. Die Himmelsburg selbst ist ein perfektes Beispiel für diese grandiose Kreation. Eine schwebende Stadt, in der man sich in gläsernen Aufzügen und über magische Windrosen fortbewegt. In der am Abend Geschichten erzählt werden und fantastische Illusionen das kalte Polwetter vertreiben. Die Sprache des Romans unterstützt diese Atmosphäre noch, indem treffend die Schönheiten der Himmelsburg und die mal amüsanten, mal ernsten Handlungen der Protagonistin beschrieben werden.

Band zwei schließt sich nahtlos an die Handlung des ersten an. Es ist schön, dass Ophelia endlich ihre Familie wiedersehen darf und vor allem die Begrüßung mit ihrem geliebten Onkel ist rührend. Der Blick auf die so herrische Mutter verändert sich in diesem Band und wir erleben eine Frau, die mutig für ihre Tochter kämpft und dabei bereit ist, sich mit der ganzen Welt anzulegen. Der stille Vater hingegen hat als erster begriffen, dass es an der Zeit ist, sein Kind los zu lassen. Letztendlich, so erkennt auch der Leser, hat Ophelias Leben auf Anima sie zu der Person gemacht, die sie heute ist.

In "Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast" darf sie nun selbstständiger agieren als zuvor. Thorn glänzt die meiste Zeit über durch Abwesenheit, Berenilde konzentriert sich auf die Geburt ihres Kindes und nimmt dadurch auch Tante Roseline in Beschlag. Unsere Heldin muss sich also gezwungenermaßen allein mit allen Widrigkeiten herumschlagen und entdeckt dabei (endlich!), was in ihr steckt. Sie bietet dem Furcht einflößenden Faruk die Stirn, legt sich mit Thorn an und begibt sich auf die gefährliche Suche nach den verschwundenen Adeligen. Doch es scheint auch jemanden zu geben, der die Ehe mit Thorn unbedingt verhindern will und sie in anonymen Briefen bedroht - wird Ophelia es dennoch schaffen, das Rätsel rechtzeitig zu lösen?

Leider endet der Band mit einem recht großen Cliffhanger; bei der kurzen Erscheinungsfolge der Reihe ist das jedoch (irgendwie) zu verschmerzen - im November können wir alle schon lesen, wie es mit Ophelia, Thorn und all den anderen weitergeht.