Rezension

Absolutes Must-Have!

Dark Inside - Jeyn Roberts

Dark Inside
von Jeyn Roberts

Bewertet mit 5 Sternen

„Dark Inside“ von Jeyn Roberts war 2013 mein 42. Buch und ist einer der Lesehighlights in dem Jahr. Das vermutet man hinter dem Cover zu nächst nicht.

Das Cover ist recht schlicht gehalten: weiß mit einem schwarzen Riss, in dem Ihr vier Gesichter entdecken könnt. Ob sie die vier Protagonisten sind ist schwer zu sagen, weil es nach meiner Meinung vier männliche Gesichter sind, es aber in der Geschichte auch zwei weibliche Hauptcharaktere gibt. Der Riss symbolisiert für mich nicht nur die Erdbeben (siehe nächster Absatz), sondern auch die Spaltung der Menschen in Gut und Böse.
Trotz der Schlichtheit passt das Cover in vielen Hinsichten perfekt zu der Geschichte, wobei ich hier nicht zu viel verraten möchte.

Wie schon erwähnt gibt es vier Charaktere die Ihr mit verfolgt. Aries, Clementine, Mason und Michael. Vier Jugendliche die miterleben wie die Gesellschaft in sich zusammenbricht. Denn nach einem Erdbeben, das vor allem die komplette Westküste der USA zerstört hat, nistet sich das Böse in den Menschen ein. Eltern töten ihre Kinder, Brüder ihre Schwestern, Nachbarn, Kollegen, Ehefrauen und Ehemänner haben es nur auf eins abgesehen: die Menschheit auszurotten. Sie brechen in die Häuser der Menschen, zerren sie auf die Straße, schlachten sie dort ab und gehen zum nächsten Haus. In einer Welt wo das Chaos herrscht, in der Aries, Clementine, Mason und Michael nicht wissen, wer Freund oder Feind ist, wollen sie nur eins: überleben. Und das ist schwer in einer Welt ohne Strom, ohne Kommunikationsmittel und immer mit der Angst, sie könnten als nächstes sterben.

Klingt wie einer dieser unzähligen Zombiefilme, denkt Ihr. Wenn wir das Grundgerüst der Geschichte genauer anschauen, ist es auch so. Doch „Dark Inside“ ist viel ausgeklügelter als Ihr denkt. Wer zu einem Zombie mutiert ist, wurde meist von einem anderen mit dem Virus infiziert. Einen Virus der bis jetzt in unserer Welt nicht existiert, ein Virus der von dem jeweiligen Autoren erschaffen wurde. Jeyn Roberts Virus existiert allerdings schon: das Böse im Menschen. Jeder Mensch hat eine dunkle Seite und das ist unbestreitbar. Dieses Körnchen Wahrheit begleitet Euch durch das ganze Buch und sorgt dafür, das Ihr unerlässlich eine Gänsehaut habt. Ihr kennt solche Psychopathen aus den Medien, die ihre eignen Familien umbringen und jetzt stellt Euch vor, die ganze Welt wäre voll davon. Dadurch bekommt das Buch einen echten Gruselfaktor.
 

„Die gewalttätigste Spezies auf diesem Planeten ist der Mensch. Wir haben alles aufgeschrieben, alle niederträchtigen Taten, die wir je begangen haben. Wir sind bis ins Mark verdorben. Ein Heilmittel hat es nie gegeben. Und jetzt hat die Krankheit den Kampf gewonnen. Wir machen endlich etwas richtig, indem wir unseren Planeten von unserer Gegenwart befreien.“ S. 168

Durch diese Welt kämpfen sich unsere Protagonisten, mit und ohne Plan. Jeder einzelne von ihnen hat immer wieder ihr eigenes Kapitel, in der Ihr mit verfolgt, wie sie ums Überleben kämpfen. Dabei sind die vier ersten Kapitel, für mich die wichtigsten, aber auch die brutalsten, die Euch automatisch ins Buch hineinziehen und nicht mehr loslassen. Den dort seid Ihr dabei, wie Aries nach einem Busunfall, ihre beste Freundin tot auffindet; als Clementine aus der Gemeindehalle flüchtet, wo ihre Eltern und die gesamten Dorfbewohner niedergemetzelt werden; als Mason seine Mutter und dann auch seine Freunde bei einem Bombenanschlag verliert und Michael zeuge davon wird, wie zwei Polizisten einen Mann auf offener Straßen hinrichten.
Auf knapp 400 Seiten ist genug Platz, um diesen Charakteren Leben einzuhauchen und Tiefe zu verleihen. Allerdings bleiben alle vier recht schwammig und es gibt keinen mit dem ich mich wirklich identifizieren könnte. Es gibt ein paar einzelne Charaktereigenschaften, die ich jeden zu ordnen kann. Alles Eigenschaften, die sie von anderen nicht abheben und so austauschbar machen. Das würde jedem Buch das Genick brechen. Allerdings nicht „Dark Inside“. Denn die Jugendlichen sind in einer absoluten Ausnahmesituation. Ganz zu schweigen davon, dass nach so einer Katastrophe, wo man alles verliert, nicht viel von seinem „altem Ich“ übrig bleibt. Ich glaube man reduziert sich selbst auf die wichtigsten Eigenschaften, weil man fürs Überleben seine komplette Aufmerksamkeit und Energie benötigt.

Außerdem kommt hinzu dass das Buch echt sehr rasant geschrieben ist. Dazwischen bleibt den Hauptcharakteren nur wenig Zeit, um Luft zu holen, geschweige den ihren Charakter ausleben zu können. Wenn Aries gerade einen Verschnaufpause hat, brennt bei Mason, Clementine und Michael gerade wieder die Luft. Dadurch kann man das Buch nicht aus der Hand legen.

Doch es gibt noch jemanden, auf den Ihr im Buch immer wieder regelmäßig stößt: das Nichts. Es ist schwer zu beschreiben was bzw. wer es ist. Man könnte es als das Böse und den „fleischgewordenen“ Gegenspieler betrachten. Was es damit genauer auf sich hat, wird wohl erst im zweiten und letzten Teil gelüftet werden. Durch dessen Kapiteleinschübe lernt ihr das Böse ein wenig besser kennen. Vor allem ist es gut darin Euch von Anfang an die Hoffnung zu nehmen, dass die Hauptcharaktere es lebend aus der ganzen Sache schaffen.

„Es gibt keine Zukunft, denn auch unsere Vergangenheit existiert nicht mehr. Unsere Gegenwart besteht nur noch aus dem Kampf ums Überleben und dieser Kampf wird bald zu Ende sein.“ S. 8

Was ich Euch allerdings noch abrate, ist dieses Buch vor dem Schlafen gehen zu lesen. Denn alle paar Seiten fragt man sich: was wäre wenn … meine eigene Mutter auf mich losgehen würde, wenn ich wählen müsste, ob ich meine eigene Haut oder meine Mitüberlebende retten würde, welche menschlichen Abgründe sich in mir auftun würden? Was wäre wenn, ich mich morgen selbst durch diese Welt kämpfen müsste?
Mit diesen Gedanken kann man ganz schlecht einschlafen. Glaubt mir.

Der Loewe Verlag hat sich mit „Dark Inside“ ein echtes Highlight ins Programm geholt. Es bietet nicht nur spannende und nervenaufreibende Unterhaltung, sondern überzeugt auch mit einer tiefgründigen, gut durchdachten Gesamtstory, die sich mit den menschlichen Abgründen, aber auch der menschlichen Stärke in Notsituationen, beschäftigt. Durch kleine Hinweise, ob es doch noch Hoffnung gibt, was genau dahinter steckt und ob Aries, Clementine, Mason und Michael am Ende überleben, warte ich jetzt schon sehnsüchtig auf den 2. Band!