Rezension

Das Gerücht wächst, indem es sich verbreitet

Das Gerücht - Lesley Kara

Das Gerücht
von Lesley Kara

Bewertet mit 3 Sternen

„Das Gerücht wächst, indem es sich verbreitet“. Dieses Zitat beschreibt treffend die unglückseligen Ereignisse, die durch eine unbedachte Äußerung in dem englischen Küstenstädtchen Flinstead ausgelöst werden. Existenzen und Leben von unbeteiligten Verdächtigen werden aufs Spiel gesetzt und wofür? Für ein fragiles Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft?

Joanna, alleinerziehende Mutter, ist mit ihrem Sohn Alfie in den kleinen Ort gezogen, da sie die Hilfe ihrer Mutter bei der Betreuung des Kindes braucht. Mit offenen Armen wird sie allerdings nicht von der Dorfgemeinschaft empfangen, und eine ähnliche Erfahrung muss leider auch der Junge machen, der von seinen Altersgenossen und Mitschülern geschnitten wird. Ein Umstand, der jeder Mutter das Herz zerreißt. Eine hingeworfene, zufällig mitangehörte Bemerkung über eine Kindsmörderin könnte dies für die beiden ändern, denn die Verbreitung von Klatsch und Tratsch war (und ist) noch immer die Eintrittskarte in die festgefügten Strukturen. Joanna wird plötzlich interessant und auch ihr Sohn erhält die Akzeptanz, die sie sich für ihn wünscht. Aber die Meute hat Blut geleckt, und so gerät die Situation zunehmend außer Kontrolle…

Dieses Psychogramm einer Kleinstadt ist ein interessanter Ansatz, dessen Potenzial die Autorin allerdings im Mittelteil verschenkt. Zu Beginn gelingt ihr die Darstellung des toxischen Kleinstadtmilieus sehr gut, aber nach gut einem Drittel tappt sie in die Falle, ergeht sich in Wiederholungen, walzt bereits Bekanntes breit aus und bremst somit das Tempo zugunsten eines Aufblähens der Seitenzahl. Und auch das Ende ist meiner Meinung nach nicht wirklich gelungen. Der Showdown wirkt unnötig überzogen, und auch die Auflösung birgt für versierte Krimi-/Thrillerleser keine Überraschung. Kann man lesen, muss man aber nicht.