Rezension

Echte Erzählkunst! Leider zu episodenhaft.

Traumsammler - Khaled Hosseini

Traumsammler
von Khaled Hosseini

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

Der Inhalt ist nicht so leicht zusammenzufassen. Dreh- und Angelpunkt des Buches ist das Schicksal des afghanischen Geschwisterpaares Abdullah und Pari. Abdullah ist etwa 10, Pari, seine kleine Schwester, nicht ganz 4 Jahre alt. Beide wachsen in einem ärmlichen Dorf in den afghanischen Bergen auf. Eines Tages trifft ihr Vater eine schicksalhafte Entscheidung, die für das Geschwisterpaar weitreichende und schmerzhafte Folgen haben wird ...

Meinung:

Wie gesagt ist es nicht zu einfach, den Inhalt des Buches wiederzugeben. Denn es besteht aus vielen kürzeren und längeren Einzelepisoden und -geschichten: Endet das eine Kapitel mit den Protagonisten XY, geht es im nächsten um völlig andere Personen an ganz anderen Schauplätzen, die vordergründig auch gar nichts miteinander zu tun haben. Erst bei fortlaufender Lektüre wird klar, dass alle Figuren mehr oder minder mit dem Schicksal der Geschwister Abdullah und Pari zu tun haben, so dass sich am Ende des Buches ein großes zusammengesetztes Puzzle ergibt, dessen Gesamtsinn man jedoch erst zum Schluss erkennt - zumindest Ansatzweise.

Mich hat diese Vorgehensweise leider sehr unbefriedigt zurückgelassen. War ich gerade eben erst vertraut mit einer Person und deren Lebensumständen geworden, wurde ich auch schon wieder von ihr getrennt und wurde aus allem herausgerissen. Sicherlich mag das Sinn und Zweck des Autors gewesen sein, zeichnet es doch das Schicksal Abdullahs und Paris sowie einiger weiterer Protagonisten exakt nach: das Fragmentarische, Unabgeschlossene, Abgebrochene. Mich hat es nach einer Weile wahnsinnig gestört, da auch mein Lesefluss massiv unterbrochen wurde und ich einfach wusste, dass ich die aktuelle Figur schon bald wieder würde verlassen müssen.

So erfährt der Leser auch nur wenig über die Geschwister und ihr weiteres Schicksal. Der Fokus wird auf Begleitpersonen gelegt, auf gefällte Entscheidungen, Fehler, Lebenswege.

Und bei aller Meckerei gerade, hier kommt das absolut Geniale: Hosseini kann erzählen! Und wie er das kann!! Mit wenigen Worten vermag er es, den Leser ganz dicht in seine verwobene Geschichte zu holen, ihn teilhaben zu lassen an Liebe, Leid, Tragik und Glück der Figuren. Wow, das ist echte Erzählkunst, in die ich mich sogleich verliebt habe! Daher empfand ich es als umso bedauernswerter, dass viele Figuren und ihre Geschichten nicht ihr ganzes Potenzial entfalten konnten.

Fazit:

Dies war mein erstes Buch von Khaled Hosseini, aber sicher nicht mein letztes! Er scheint mir ein wirklich großer Erzähler zu sein, er hat einen Blick für die kleinen, alltäglichen Dinge, denen er einen eigenen Zauber und eine Besonderheit verleiht. Wundervoll! Getrübt wurde mein Lesevergnügen allerdings durch die Episodenhaftigkeit des Erzählten: ständig neue Schauplätze, Figuren und Perspektiven, die leider auch nicht wieder aufgegriffen werden. So hat das Buch etwas sehr Abgehacktes, das mich immer wieder aus dem Lesefluss riss. Trotzem:

4 von 5 Sternen