Rezension

Ein Buch das bei mir Gänsehaut erzeugte

Die Fliedertochter - Teresa Simon

Die Fliedertochter
von Teresa Simon

Bewertet mit 5 Sternen

Eine starke Frau und Kämpferin. Nie wieder Nazis, nie wieder Krieg! Was für ein emotionales Buch, welches den Leser stark berührt und fordert.

 

Eine geheimnisvolle Schneekugel

Das Erbe einer starken Frau

Eine Liebe, die sich nie erfüllt hat............

 

Es ist das dritte Buch, das ich von Teresa Simon gelesen habe.

Nach den Holunderschwestern und den Oleanderfrauen, die, meiner Meinung nach, kaum zu toppen waren, überbietet sie sich mit der Fliedertochter selber und setzt diese wunderbare Reihe, die in geschichtsträchtigen Städten spielt, fort.

Der Prolog des Buches, der im Herbst 1999 handelt, beginnt mit der Neugierde eines elfjährigen Mädchens. Ihr Papa ist schon verstorben und die kleine Paulina erschafft sich ihre eigenen Welten. Dazu geht sie auf Entdeckungsreise in das Zimmer, was ihm gehörte. Dort findet und liest sie einen älteren, sehr traurigen Brief. Auf ihre Fragen bekommt sie aber noch keine Antworten von ihrer geliebten Mutter. Diese soll sie erhalten, wenn sie alt genug dazu ist....

Die Handlung der Fliedertochter spielt auf zwei Zeitebenen, 1936 bis 1945 in Wien sowie 1936 und 2018 in Berlin.

Berlin 2018, die mittlerweile 30-jährige Paulina Wilke wird von ihrer langjährigen mütterlichen Freundin Antonia gebeten nach Wien zu reisen um dort ein geheimnisvolles Vermächtnis an ihrer Stelle abzuholen. Sie hatte erst jetzt von einer ihr unbekannten Wiener Familie davon erfahren und kann aus gesundheitlichen Gründen nicht selber reisen. Einen persönlichen Bezug zu Wien hat sie nicht.

So reist Paulina in diese schöne Donaustadt und ahnt nicht, was sie dort erwartet.

Von der Familie Ferdinand und Lena Brunner und deren Sohn Moritz, wird sie auf das Herzlichste empfangen. Lena`s Vater, geboren 1928, ist erst mit fast 90 Jahren verstorben und hat als Vermächtnis ein altes Tagebuch einer jungen Frau hinterlassen, auf dem er schrieb: "Lotte Laurich, Berlin. Unbedingt suchen. Tochter Antonia Laurich, geboren 1943."

Paulina hält nun diese alten Aufzeichnungen in ihren Händen beginnt gespannt darin zu lesen.

Das Tagebuch gehörte einer Luzie Kühn, einer Sängerin die in Berlin bei ihren Großeltern lebt. Sie hat einen Makel. In ihr fließt jüdisches Blut. In Berlin wird es immer brenzliger für die Juden und so haben die Großeltern beschlossen, das sie Deutschland verlassen und in Wien einen neuen Anfang suchen soll.

Teresa Simon schildert in ihrem Buch die schwärzesten Zeiten des 3. Reiches. Voller Emotionen und schonungslos läßt sie uns mit Luzie diese Schreckensherrschaft durchleben, denn auch Wien bleibt nicht verschont. Im Frühjahr 1938 wird Österreich dem Deutschen Reich angeschlossen, es wird zur Ostmark. Durch die Aufzeichnungen der Luzie erfahren wir viel von der Geschichte Österreichs, die mir bislang so nicht bekannt war. Wie man die Juden und anderer, nicht den Vorstellungen eines gesunden Ariers entsprechenden Menschen ganz grausam durch die Wiener Nazis behandelte, vertrieb, ausrottete. Luzie Kühn lebt in dieser Zeit in stetiger Angst, denn auch ihr Freund ist Jude.

Zum Ende des Buches erfahren wir dann natürlich auch, warum Paulinas ältere Freundin Antonia, genannt Toni, dieses Tagebuch erhalten soll. Auch Paulina bekommt jetzt die Antworten auf ihre Fragen zu dem Brief, den sie als kleines Mädchen las. Mit einer wunderbaren Leichtigkeit hat die Autorin die Personen miteinander verstrickt und jetzt wieder entwirrt.

In Wien fällt es Paulina schwer dieses Tagebuch aus der Hand zu legen. Sie besucht die Straßen und Plätze, die von Luzie so präzise beschrieben sind und fühlt sich ihr ganz nahe. Der Autorin gelingt es so uns für Wien zu begeistern. Man merkt, dass auch sie, genau wie ihre beiden Hauptfiguren, die Stadt liebt. Daran läßt sie uns mit diesem wuderbaren, gefühlvollen und doch so herzzerreißenden Roman teilhaben.

Ich habe mich mit Luzie gefreut und mit ihr gelitten und geweint. Teresa Simons Schreibstil ist so wunderbar und plastisch , das ich mitten im Geschehen war. Es ist für uns unvorstellbar, was die Menschen der damaligen Zeit ertragen mußten. Wir müssen gerade in der heutigen Zeit alles dafür tun, dass so eine grausame Gewaltherschaft keine Chance mehr bekommt.

Die Gestaltung des Buchcouvers, die seitlichen Klappen alles paßt prima zueinander. Auch die Schriftart der Tagebucheinträge fand ich sehr schön und war für mich diesmal sehr gut lesbar.

Dieses Buch ist absolut zu empfehlen und erhält von mir 5 Sterne.