Rezension

Ein erstklassiger Pageturner. Schnell, ironisch, zutiefst bewegend.

Slow Horses - Mick Herron

Slow Horses
von Mick Herron

Bewertet mit 5 Sternen

Ausrangierte MI5-Agenten landen im Slough House, so auch River Cartwright. Dass er fortan nur noch Hilfsarbeiten für den britischen Geheimdienst erledigen soll, deprimiert ihn wie alle anderen ironisch "Slow Horses" genannten Mitarbeiter. 
Jackson Lamb hat einen Ruf. Einen nicht besonders guten - schon wegen seines unflätigen Benehmens, seiner nachlässigen Kleidung, seiner vulgären Ausdrucksweise. Doch wer von ihm spricht, kanneinen unterschwelligen Respekt kaum verbergen. Der beleibte Mann hat ein geheimnisvolles Vorleben und eine nicht minder undurchsichtige Gegenwart. Sicher ist nur, dass er das Slough House leitet - eine Sammelstelle für in Ungnade gefallene Agenten des britischen Geheimdienstes MI5. Es liegt nahe, dass die bedauernswerten Mitarbeiter dieses voller Spott als Drecksloch betitelte Establissement von ihren einstigen Kollegen mit einiger Schadenfreude Slow Horses genannt werden - ein zusammengewürfelter Haufen von Individualisten, die alle einmal einen schweren Fehler begangen haben und nun kaum mehr als Handlangerdienste für dem MI5 verrichten dürfen. Natürlich haben sie mehr drauf, doch kaum eine Chance, es jemals wieder zu beweisen, denn ein Zurück in den Regent's Park, die Zentrale des Geheimdienstes, scheint ausgeschlossen. Jedenfalls hat es das noch nie gegeben. Immerhin sind die Slow Horses, titelgebend für diesen Roman, scharfe Munition, denn es geht gleich äußerst explosive los - mit dem Fehlstart des jungen River Cartwright in seiner Agentenlaufbahn. Nachdem er eine Aufgabe gründlich vermasselt hat, landet er also im Slough House - zu seinem Verdruss, denn er muss auf Geheiss Jackson Lambs Müllsäcke eines Journalisten durchsuchen, was ihm ordentlich stinkt. Seinen Unwillen bekommt auch Sid zu spüren, die mit ihm ein Büro teilt. Die Zukunftsaussichten sind für ihn und die anderen "lahmen Gäule" unter Lambs Fuchtel alles andere als rosig. Und sie wären es vermutlich immer noch, wenn nicht eines Tages im Netz ein Video auftauchen würde: Darauf ist ein junger gefesselter Pakistaner zu sehen, der vor laufender Kamera enthauptet werden soll. Die Mutmaßungen, wer dahinter steckt, schießen ins Kraut. Eine der möglichen Varianten: Es handelt sich bei den Entführern um rechtsnationalistische Briten, die dem IS und anderen islamistischen Gruppierungen zeigen wollen, dass sie deren Terror mit deren Mitteln bekämpfen. Obwohl River ebenso wie die anderen Slow Horses weiß, dass sie keinerlei Befugnisse haben, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden, geht er einer Spur nach. So nach und nach wird klar, dass die überhebliche Gesellschaft von Regent's Park auf die Unterstützung ihrer ausgemusterten Kollegen nicht verzichten kann - obwohl sie alles unternimmt, um das zu verhindern. Es ist nicht nur eine Chance für die Slow Horses zu beweisen, dass man sie zu Unrecht verbannt hat, sondern auch, um sich untereinander und ihren Chef Jackson Lamb besser zu verstehen. Wie die überaus spannende Geschichte endet, wer hinter dem schrecklichen Video steckt, wer welche geheimen Strippen zieht und wie die Gesellschaft im Allgemeinen und Besonderen tickt, hat Mick Herron mit großer Spannung, wunderbarem Wortwitz und einem außergewöhnlichen Sujet geschildert, dass zudem das altehrwürdige London von einer für die meisten unbekannten Seite zeigt. Spaß macht das Lesen dieses neuen Agententhriller, der sowohl knallhart als auch unterhaltsam ist, bis man atemlos staunend die letzte Seite gelesen hat. Wir begleiten River Cartwright, ein ausgemusterter MI5-Agent, der plötzlich zu einem ganz besonderen Einsatz gerufen wird. Scheinbar unzusammenhängende Ereignisse ergeben für ihn auf dem ersten Blick keinen Sinn, doch dann offenbart sich ihm ein Bild, das in einem nervenaufreibenden Wettlauf gegen die Zeit mündet. Wird die Katastrophe noch zu verhindern sein...? Spannend, authentisch und die bange Frage aufwerfend "Könnte es wirklich so gewesen sein? Ein hochbrisanter, packender Roman vor einem erschreckend aktuellem Hintergrund... 

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 29. September 2018 um 22:22

tolle Rezi - mir haben die "lahmen Gäule" auch überaus gut gefallen - ich hoffe, es gibt bald weitere Fälle für Jackson Lamb - würde gerne Lady Di fallen sehen.... - am besten in den Keller von Slough House ;)))