Rezension

Eine gute Dystopie, die jedoch hier und da Schwächen aufweist

T.R.O.J.A. Komplott - Ortwin Ramadan

T.R.O.J.A. Komplott
von Ortwin Ramadan

Bewertet mit 3.5 Sternen

Du wirst beobachtet, jeden Tag, 24 Stunden live. Und deine Augen sind die Kamera! Gesundheit ist Pflicht. Mit dieser Philosophie ist der 21-jährige Nico aufgewachsen. Wie alle anderen US-Bürger trägt auch er Nanobots in seinen Blutbahnen, die seinen Körper rund um die Uhr überwachen und sogar kleine Operationen vornehmen können. Als Nico als frischgebackener FBI-Agent für das Geheimprojekt T.R.O.J.A. rekrutiert wird, erfährt er allerdings, dass die kleinen Helfer im Körper noch wesentlich mehr können. Wenige Klicks genügen und die Nanobots docken sich an den Sehnerv an. Und schon erhalten die Ermittler Bilder, die direkt aus dem Kopf einer verdächtigen Zielperson kommen. Nico ist fasziniert. Das ist die Revolution im Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus. Mit Feuereifer macht der junge Agent sich an seine erste Observation. Doch schon bald kommen ihm Zweifel. Warum ist die 20-jährige Beta überhaupt auf der Liste der Geheimdienste? Und wer steht eigentlich hinter T.R.O.J.A.? Als Nico das Projekt hinterfragt, wird er selbst zum Gejagten. Und vor den Spionen in seinem eigenen Körper scheint es kein Entrinnen zu geben… 

Meine Meinung

Beim Stöbern durch meine Lieblingsbuchhandlung ist mir „Troja“ mit seinem doch recht auffälligen Cover sofort ins Auge gesprungen. Und auch der Klappentext insbesondere diese beiden Sätze „Du wirst beobachtet, jeden Tag, 24 Stunden live! Und deine Augen sind die Kamera“ konnten meine Aufmerksamkeit für sich gewinnen. Ich war sehr gespannt und natürlich neugierig was mich in diesem gar nicht so abwegig klingenden Zukunftsszenario erwarten wird.

Der Prolog war jedenfalls ein gelungener Einstieg. Ich wurde vom Autor mitten ins Geschehen geworfen und konnte mit der kurzen Momentaufnahme noch nichts anfangen, da mir die Zusammenhänge gefehlt haben. Gleichzeitig wurde in mir jedoch der Drang geweckt sogleich weiterlesen zu müssen. Im ersten Kapitel, das vier Wochen vor der im Prolog geschilderten Szene spielt, geht es wieder etwas ruhiger zu. Wir lernen den 21-jährigen Nico kennen, der nach langem und hartem Training, kurz vor seiner Ernennung zum FBI Agenten steht. Allerdings kommt es am Tag seines Abschlusses plötzlich ganz anders als erwartet. Ein psychologisches Gutachten bescheinigt, dass er aus emotionalen Gründen nicht für den Dienst geeignet ist. Sein Traum scheint somit endgültig geplatzt zu sein…Bis er eine zweite Chance erhält und für das Geheimprojekts T.R.O.J.A als Agent rekrutiert wird.

Von Anfang an hatte ich gegenüber T.R.O.J.A ein mulmiges Gefühl. Denn die Infos, die ich zu diesem Projekt bekommen habe sowie die Aussagen der Verantwortlichen, denen ich in extra Kapiteln heimlich lauschen durfte, haben mir nicht ganz so gefallen. Mein Misstrauen ist mit der Zeit stetig gewachsen und letztendlich bestätigt worden. Neben Nicos Geschichte gibt es einen weiteren Handlungsstrang, in dem sich alles um die Kleinkriminelle Beta dreht, die nur knapp einem Mordanschlag entkommen konnte und seitdem auf der Flucht ist. Vor wem oder was bleibt zunächst ein Rätsel…

An sich sorgen die ganzen Geschehnisse – es gibt einige unerwartete Wendungen – und die Frage, wie Nicos und Betas Handlungsstränge zusammenhängen, dafür, dass man durchweg weiterlesen möchte. Der Spannungsaufbau findet ebenfalls statt, da der Autor natürlich hier und da Hinweise in die Handlung einstreut, wird aber immer wieder durch etwas ruhigere Abschnitte unterbrochen. Im Vergleich zu anderen Jugendbücher bleibt das Spannungslevel eher niedrig. Die entscheidende Wende findet nämlich erst im hinteren Drittel des Buches statt. Tja und da hier alles so geballt aufeinander trifft, ging mir vieles zu schnell. Nico, dessen Haltung sich auf einmal um 180°C dreht, war für mich nicht wirklich glaubhaft, da diese Veränderungen im krassen Widerspruch zu seiner vorherigen Einstellung steht und deshalb für mich nicht von der einen auf die andere Sekunde stattfinden kann.

Teilweise fand ich Nico auch sehr naiv und dafür, dass er eine FBI Ausbildung durchlaufen hat, hat er ziemlich lange gebraucht um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Charaktere sind allgemein etwas blass geblieben, sodass man mit keinem richtig warm geworden ist. Der Schluss war ganz in Ordnung, wenn er mir auch zu einfach erschien.

Die von Ortwin Ramadan ausgearbeitete Welt ist, anders als andere Szenarien, die mir bisher in Dystopien begegnet sind, alles andere als unrealistisch zu bezeichnen. Fakt ist, dass auch wir in unserem Leben tagtäglich beobachten können, wie sich die technischen Möglichkeiten für den Menschen verbessern und weiterentwickeln. In der Medizin oder der Wissenschaft werden beispielweise ständig neue Entdeckungen gemacht. Neue Technologien erscheinen auf dem Markt, von denen vor ein paar Jahren noch keiner gedacht hätte, dass sie realisierbar wären. Ja und spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden weiß so gut wie jeder von uns, dass unsere privaten Daten gesammelt und gespeichert werden. Ramadan hat alles nur ein wenig ausgeweitet und ein viel größeres, beängstigendes Ausmaß annehmen lassen. Ich fand es äußerst erschreckend wie stark die Menschen in seiner Geschichte überwacht werden und ihnen Stück für Stück mehr Freiheit und Selbstbestimmung über ihr Leben genommen wird. Big Brother ist watching you kann hier wortwörtlich genommen werden.  

Mein Fazit

Mit „T.R.O.J.A. – Komplott“ lässt Ortwin Ramadan uns in ein erschreckend realistisches Zukunftsszenario eintauchen, in dem das Leben der Menschen nicht nur jederzeit überwacht werden kann, sondern ihnen auch bis zu einem bestimmten Punkt die Freiheit und Selbstbestimmung genommen wird. Trotz einiger unerwarteter Wendungen, wird der Spannungsaufbau immer wieder durch ruhigere Szenen unterbrochen, sodass das Spannungslevel im Großteil des Buches eher niedrig blieb. Erst zu Ende hin überschlagen sich die Ereignisse, wobei mir manches zu schnell ablief und zu überstürzt wirkte. Insgesamt ist „T.R.O.J.A.“ eine gute Dystopie, die jedoch hier und da Schwächen aufweist.