Rezension

Eine leichte und unterhaltsame Lektüre

Sannah & Ham - Lucy Ivison, Tom Ellen

Sannah & Ham
von Lucy Ivison Tom Ellen

Bewertet mit 3 Sternen

Gibt es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick? Wenn man von der ersten Begegnung von Hannah und Sam liest, könnte man meinen, dass es möglich ist. Oder lag es eher an dem ungewöhnlichen Ort, der sie ihre erste Begegnung nicht vergessen ließ? Aber seien wir mal ehrlich … wer verliebt sich schon auf einer Toilette? Und trotzdem scheint es fast so, als hätte dieses stille Örtchen für beide ein Schicksal besiegelt. Einen ganzen Sommer lang begegnen Hannah und Sam sich in vielen ungewöhnlichen und manchmal peinlichen Situationen, die Hoffnung auf eine Liebesbeziehung im Keim ersticken. Und doch können sie sich nicht von ihren Gefühlen füreinander lösen. 

Als ich das Buch „Sannah & Ham“ im Verlagsprogramm von Chicken House entdeckt hatte, war für mich sofort klar, dass ich dieses Buch sehr gerne lesen möchte. Allerdings hat mich eher die Gestaltung dieses Buches komplett überzeugen können. Ein Mädchen und ein Junge verliebt unter einer Kapuze, in Kombination mit einem Titel, der das abgebildete Paar zu einem Ganzen verschmelzen lässt. All das suggerierte mir eine tiefsinnige Liebesgeschichte, die ich nicht verpassen wollte. Voller Neugier begann ich mit dem Lesen und bemerkte sehr schnell, dass diese Geschichte viel mehr beinhaltet als nur eine Liebesgeschichte. 

Die ersten kurzen Kapitel haben mir den Einstieg etwas schwer gemacht. Hannah und Sam schildern jeweils ihre Sicht auf die Ereignisse, vor und während der alles verändernden Begegnung auf einer Toilette. Hierzu haben die beiden Autoren Tom Ellen und Lucy Ivison alle gängigen Klischees eingebaut, die Leser der jungen Literatur kennen, aber nicht unbedingt lieben. 
Hannahs Sicht war für mich persönlich am anstrengendsten. Umgeben von vier pubertierenden und für ihr Alter recht oberflächlichen Mädchen, die alle in nicht enden wollenden Dialogen durcheinanderredeten, konnte ich mir nur schwer ein Bild über die einzelnen Charaktere machen. Die Perspektive von Sam war für mich etwas angenehmer, obwohl es nicht weniger oberflächliche Gespräche in seiner Jungenclique gab. Hier konnte ich mehr aus den Dialogen mitnehmen und Rückschlüsse auf die einzelnen Charaktere ziehen. 
Nach einigen gelesenen Passagen wurde es etwas leiser um Hannah und Sam, und ich fand mit dieser Ruhe mehr Gefallen an der Handlung. 

Stilistisch sind Tom Ellen und Lucy Ivison in dieser Geschichte kaum zu unterscheiden. Man ahnt jedoch, dass jeder seine eigenen Erfahrungen und Probleme aus der eigenen Vergangenheit mit einbezogen und den literarischen Hauptfiguren ein Stück ihrer Persönlichkeit eingehaucht hat. Ihr Schreibstil ist der Zielgruppe entsprechend recht jugendlich und einfach gehalten. Die Charaktere sind sehr oberflächlich und eindimensional gestaltet worden. Lediglich die beiden Hauptfiguren konnten mich mit ihrem Wesen überzeugen.

Sieht man als Leser einfach über die vielen gehaltlosen Gespräche der Jugendlichen hinweg, kann man sich dem Witz den die ungewöhnlichen Begegnungen von Hannah und Sam bieten - die meistens in einem Desaster enden -, nicht mehr entziehen. Diese humorvollen Augenblicke konnte ich sehr genießen, obwohl dadurch auch immer wieder Zweifel bezüglich eines Happy Ends aufkamen.
Auch wenn die Liebesgeschichte von Hannah und Sam Dreh- und Angelpunkt dieser Geschichte ist, werden viele andere Themen eingefügt, die zeitweise sehr viel Raum einnehmen. Zum Beispiel das Thema Freundschaft zwischen Hannah und ihrer Freundin Stella, die von Neid und vielen Missverständnissen geprägt wurde. Oder das Thema Sex und Jungfräulichkeit, bei dem der Leser viele unterschiedliche Ansichten präsentiert bekommt. Ob der Leser an der Aufarbeitung dieser Themen Gefallen findet, sollte er selbst entscheiden. Mir persönlich war es zu lapidar abgehandelt und ich hätte mir gewünscht, dass beide Autoren etwas sorgsamer mit den so wichtigen Themen wie den Konsum von Alkohol und Drogen oder dem ersten Sex umgegangen wären.

In "Sannah & Ham" von Tom Ellen und Lucy Ivison habe ich viele urkomischen Situationen miterleben können, die das Buch zu einer leichten und unterhaltsamen Lektüre machten. Was ich nicht gefunden habe, waren tiefgründige Themen, die in diesem Buch zwar angesprochen, aber nur oberflächlich abgehandelt wurden. Dabei hat das Grundkonzept so viel Potenzial: zwei Menschen, die sich auf dem Weg ins Erwachsenwerden befinden, sich verlieben und einen langen Sommer genießen können, bevor ein ganz neuer Lebensabschnitt beginnt.