Rezension

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Einfach ganz anders

Tiger
von Polly Clark

Bewertet mit 4 Sternen

Das Buch "Tiger" von Polly Clark, welches ich im Rahmen meiner ersten Leserunde mit Freiexemplar gelesen habe war - wie der Titel der Rezension schon sagt - ganz anders als alles, was ich bisher gelesen habe.

In dem Buch verfolgt man drei Geschichten. Drei Leben, die unterschiedlicher nicht sein könnten, zusammengehalten lediglich durch das gemeinsame Motiv des Tigers.

Da ist zuvorderst Frieda, die sich eigentlich nicht mit Tigern auskennt und mit ihren eigenen persönlichen Belastungen zu kämpfen hat um plötzlich für die Versorgung eines Tigers in einem Zoo zuständig ist. Frieda ist ein Charkter, mit dem ich mich nicht sonderlich identifizieren konnte. Schlimmer fand ich allerdings Gabriel, dessen toxische Männlichkeit leider auch gegen Ende des Buches nicht noch einmal aufgegriffen und "zur Rechenschaft gezogen" wird, was mich als Leserin durchaus stört. 

Der zweite Leseabschnitt gehört Tomas, der in der Taiga lebt, unter der Fuchtel seines Vaters steht und sich in der Wildnis und im Umgang mit wilden Tigern sehr gut auskennt. Ein sehr faszinierender Abschnitt, in dem man langsam in die russische Wildnis eingeführt wird um den dritten Leseabschnitt beinahe ausschließlich in der Wildnis zu verbringen. Der Leser wird langsam von der zivilisierten, westlichen Welt in ursprünglichere Gebiete geführt um sich dort am Ende sehr wohl zu fühlen.

Der dritte Leseabschnitt gehört Edit, die vor einer unglücklichen Beziehung flieht und einen sehr starken weiblichen Charakter darstellt und ihrer Tochter Sina, die so stark ist, dass sie mit einem Tigerjungen verglichen wird. Ein letzter Abschnitt gehört dem Hauptakteur: dem Tiger. Oder besser: der Tigerin. Am Ende des Buches verflechten sich diese einzelnen Lebensgeschichten auf teilweise unvorhergesehene Weise und bilden ein klares Bild.

Soweit zum groben Inhalt des Buches. Alles in allem kann ich sagen, dass mir das Buch sehr gut gefallen hat. Die Aufteilung in einzelne Geschichten, die auf den ersten und zweiten Blick nichts miteinander zu tun haben, haben mich fasziniert. Auch die Beschreibungen des wilden Lebens in der Einsamkeit und Gefahr der Taiga sowie die starke weibliche Figur der Edit haben mich sehr in den Bann gezogen. Auch die subtilen feministischen Motive des Buches kann ich als Leserin sehr zu schätzen wissen. Tatsächlich hätte ich für alle der Geschichten eigene Bücher lesen können und hätte dieses Leseerlebnis sehr genossen. Ich finde nicht, dass eine Verwebung der Geschichten zum Schluss nötig gewesen wäre, doch bildet das Buch so einen runden Abschluss. Auch das Ende, die letzte halbe Seite habe ich sehr genossen und inne gehalten um einzelne Sätze ein zweites Mal zu lesen, was von einem schönen Schreibstil zeugt.

Ich würde das Buch an Freund*Innen weiterempfehlen, die sich (ebenso wie ich) sehr für ein Leben im Einklang mit der Wildnis und Einsamkeit interessieren und werde dies auch tun :)