Rezension

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Es ist gerade nicht so gemütlich in der Provence

Tod in der Provence
von Pierre Lagrange

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein neuer Provence-Krimi - den konnte ich nicht ignorieren! Das Cover erinnert an Sophie Bonnets "Provenzalische Verwickungen" und so war ich gespannt, ob es inhaltlich auch mithalten kann. 

Mit einem heftigen Streit beginnt dieser Erstlingskrimi von Pierre Lagrange. Dieser Streit führt dazu, dass die Polizei von Carpentras bald etwas zu tun hat.  

Albin Leclerc, frisch pensioniert, merkt schnell, das ein neuer Mord etwas mit seinen alten, ungelösten Fällen zu tun hat. Er nervt seinen Nachfolger Theroux und schleimt sich bei der Gerichtsmedizinerin Berthe ein, um Infos zu erhalten. Doch die beiden, wie auch Staatsanwalt Bonnieux wollen ihn nicht teilhaben lassen. Das ist Albin aber egal und er versucht immer wieder seine neuen Erkenntnisse Theroux mitzuteilen. Dazwischen findet er sich oft im Café von Matteo ein, nebenan der Blumenladen von Véronique - eine Witwe, die Albin gefällt. Fast unzertrennlich mit Albin verbunden ist sein Mops Tyson, der ihm seine Kollegen zur Pensionierung geschenkt haben. Mit dem Hund an seiner Seite lernt er auch bald die neuen Bewohner von Carpentras, Hanna und ihre Tochter, kennen. Hannas Mann Niklas hat das Anwesen von seinem verstorbenen Onkel geerbt und zusammen wollen sie ein Hotel daraus machen. Es kriselt zwischen Hanna und Niklas schon länger, da kommt der Aufenthalt in der Provence gerade recht. 

Rothaarige stehen auf der Eliminerungsliste des gestörten Täters. Da auch Hanna rothaarig war, hatte ich das gesamte Buch über Angst um sie, denn sie scheint das ideale Opfer zu sein. Als Verdächtige stellen sich mit der Zeit eine Handvoll Personen heraus, obwohl man sehr oft das Gefühl hat, alle bis auf Albin, Véronique und Hanna könnten Täter sein. Es bleibt durchgehend nervenzerreissend spannend ("bitte nicht") und endet fulminant. 

Immer wieder wollte ich das Buch abbrechen, weil mir einige Szenen zu gruselig waren. Doch während die Morde in ihrer brutalen, psychisch gestörten Weise ausführlich beschrieben werden, wechselt der Erzählstil zurück in das gemütliche Provenceleben, das der frisch pensionierte Kommissar Albin Leclerc eigentlich geniessen würde, wären da nicht diese ungeklärten Fälle, die ihn nicht mehr loslassen. Ich war froh um diese Ermittlungspausen und die Beschreibungen von Albins Alltagsleben, sonst wäre es mir zu heftig gewesen. 

Ich muss als Kritik anbringen, dass es sich hier nicht um einen der üblichen Frankreich-Krimi handelt, sondern um einen Psychothriller. Die Idee ist zwar gut durchdacht, aber wenn Psycho drin steckt, soll bitte auch Thriller draufstehen. Nicht jeder möchte solch ausführliche Tatbeschreibungen lesen. (Es geht ein wenig in die Richtung von Robert Galbraiths "Die Ernte des Bösen".) Zum Glück bleiben die Kinder verschont - ja ein Spoiler, aber vielleicht wichtig für andere Leser. Wären Kinder unter den Opfern, hätte ich das Buch weit weggeschmissen. 
Umständlich fand ich, dass es seitenweise Erläuterungen gab, wieso jemand einen Gedankengang hat. Zum Beispiel als Albin etwas sieht und er in dem, was er sieht, gerade einen Zusammenhang mit den Morden fühlt und einen Gedankenblitz hatte, wird das lange erklärt. Gedankenblitze muss man nicht erklären, die hatten wir alle schon und wissen wie sie entstehen... Solche Erläuterungen gab es noch häufiger und sie nervten mich, weil sie vom Wesentlichen ablenken und schlichtweg nicht interessant sind.

Fazit: Wer Psychothriller mag, liegt richtig mit diesem Buch. Für meinen Geschmack war es aber viel mehr Psychothriller als Krimi. Ansonsten ist das Buch, bis auf die vielen unnötigen Erläuterungen, gut geschrieben und spannend.
3.5 Punkte.