Feministische Prosa
Dieses Buch ist ein wenig wie ein Experiment. Die Autorin ist von Haus aus Lyrikerin und hat schon mehrere Bücher veröffentlicht und hoch dotierte Preise bekommen.
Dies ist ihr erstes Prosabuch. Ich zögere ein wenig es Roman zu nennen. Es steht auch nicht auf dem Cover.
Die Icherzählerin erzählt sehr persönlich über ihr eigenes Leben, vor allem über ihre Rolle als Mutter in der sie ganz aufgeht.
Entspannung findet sie bei der Beschäftigung mit Lyrik. Vor allem einem Gedicht, das in Irland für alle Schüler:innen Pflicht ist: Das Klagelied für Art ó Laoghaire von Eibhlín Dubh Ní Chonaill.
So großartig und populär dieses Gedicht auch ist, ist über die Verfasserin, die im 18 Jahrhundert lebte, so gut wie nichts bekannt.
Erst macht sich Doireann an eine eigene Übersetzung aus dem irisch-gälischen ins Englische, dann recherchiert sie geradezu exzessiv über die Verfasserin. Aus Verbitterung darüber, dass es so wenig zu finden gab, schrieb sie dieses Buch.
Mehrmals wird erwähnt „Dies ist ein weiblicher Text“. Dabei geht es nicht nur um diesen Text selbst, auch nicht um andere Texte, sondern vielmehr um die Spuren, die Frauen hinterlassen, oder oft auch nicht. Weil sie nur als „Frau von…“, „Mutter von …“ erwähnt werden.
Dieser Text macht Mut sich als Frau in verschiedenen Rollen auszuleben. Frau muss sich nicht auf Karriere oder Mutterschaft beschränken. Es stehen ihr viele Möglichkeiten und unendliche Kombinationen offen. Somit ist es ein sehr feministisches Buch.
Der Text ist poetisch, aber auch spannend. Er hat viel in mir aufgewühlt, weil einige der beschriebenen Gefühle, zum Beispiel während eines Kaiserschnitts oder des Stillens, auch von mir durchlebt wurden.
Ich habe jetzt das Gefühl die Autorin zu kennen, weil das Buch so wahnsinnig persönlich und offen ist. Und trotzdem hat sie nur einen Teil von sich selbst beschrieben. Es handelt sich hier nicht um ein Tagebuch. Einige Themen werden total ausgespart, wie zum Bespiel das eigene Erschaffen von Gedichten. Es wird mal erwähnt, dass sie einen hochdotierten Preis gewann, aber nicht, wann sie die Zeit für das Schreiben dieser Gedichte gefunden hat, oder worum es dort geht.
Mich hat das Buch beeindruckt und zum nachdenken gebracht. Was will ich mehr?