Rezension

Formel aus Atem und Silben

Ein Geist in der Kehle
von Doireann Ní Ghríofa

Bewertet mit 4 Sternen

Ein ungewöhnlicher Roman, der gleichzeitig beeindruckt und befremdet. Teils autobiographisch, teils als Essay, verquickt die Autorin ihre eigene Geschichte als Frau, Mutter und Schriftstellerin mit dem Klagelied einer irischen Adligen des 18. Jahrhunderts. Dass sie ebenfalls Dichterin ist, merkt man dem lyrischen Text, den sie immer wieder einen weiblichen nennt, deutlich an.

Das Buch hat mich immer dann mitgerissen, wenn es irischen Geist und Historie atmet. So sind auch jedem Kapitel gälische Zitate vorangestellt, die dann ins Englische und schließlich ins Deutsche übersetzt werden.

In anderen Passagen habe ich aber große Distanz zum Text verspürt. Die Autorin geht so in ihrer Rolle als vierfache Mutter auf, dass sie manchmal zu verschwinden scheint. Sie wirkt nahezu besessen von Geburten und davon, ihre Muttermilch abzupumpen und an Frühgeborene zu spenden. Was genau dahinter steckt, konnte ich nicht ermessen. Dass Mann, Kinder und Ich-Erzählerin komplett namenlos bleiben, schürt diesen Abstand weiter. Und auch wenn mich das historische Klagelied fasziniert hat, vermochten weder dessen Verfasserin noch ihr durchaus arroganter Mann, um den sie darin trauert, echte Sympathie zu wecken.

Nicht nur ein weiblicher, sondern auch ein ungewöhnlicher Text, der gleichwohl im Gedächtnis bleiben wird.