Rezension

Doireann Ní Ghríofa - Ein Geist in der Kehle

Ein Geist in der Kehle
von Doireann Ní Ghríofa

Bewertet mit 5 Sternen

Eine Ausnahmesituation bringt die Essayistin und Poetin Doireann Ní Ghríofa zu einer Adligen, Eibhlín Dubh Ní Chonaill, die zwei Jahrhunderte vor ihr lebte und ihre Gedanken und Emotionen ebenfalls in Gedichtform äußerte. Als erwachsene Frau nimmt sie den Text, den sie bereits in der Schulzeit einmal lesen musste, gänzlich anders wahr und spürt eine Verbindung, der sie nachgeht, wenn sie nicht gerade den Haushalt schmeißt oder sich um ihre drei Kinder kümmert. Eine Verbindung zwischen zwei Frauen über Zeit und gesellschaftliche Veränderungen hinweg.

 

Die Autorin hat für das Buch „Ein Geist in der Kehle“ eine Mischform von Texten gewählt, die am besten zum Ausdruck bringt, was sie leitet und wie sehr die Texte von Eibhlín Dubh sie bewegen. Das Schwangersein und Mutterwerden lässt sie mehr denn je als Frau empfinden und schafft ein starkes Band zu jener Frau, die heute zum irischen Nationalmythos zählt.

 

Beide Leben werden clever miteinander verwoben. Das der Autorin ist für mich besonders intensiv im Ausdruck, als sie ihre Tochter zur Welt bringt und bange Wochen nach der Frühgeburt durchlebt. Die Erschöpfung und Zweifel werden in jeder Zeile lebendig und treffen einem auch als Leserin unmittelbar, auch wenn man eine derartige Erfahrung nicht machen musste. Vor allem das Gefühl, in ihrer ureigenen Funktion als Mutter, die das in ihr heranwachsende Kind nicht gut versorgt, versagt zu habt, trifft die Autorin hart.

 

Im Kontrast dazu Eibhlín Dubh, die einerseits stark wirkt und doch nach dem Tod ihres Mannes das Schicksal der Frauen ihrer Zeit erleidet: sie verschwindet. Sie wird unsichtbar, nicht mehr erwähnt, weder in offiziellen noch in privaten Dokumenten. Einzig durch ihre Söhne lebt sie weiter und sehr gelegentlich als Randfigur, die jedoch nur beim Mädchen Rufnamen genannt wird.

 

Die Autorin nennt ihren Text feministisch. Nicht nur die beiden Protagonistinnen, sondern das, was sie gesellschaftlich zu Frauen macht, stehen im Zentrum. Die Angst zu versagen, die gesellschaftlichen Erwartungen nicht zu erfüllen, wirken stark durch. Und auch das Verschwinden, in dem Moment, wo der Gatte nicht mehr da ist, ist wohl ein sehr weibliches Phänomen.

 

Ein starker Text, der sich einer Genre-Zuordnung versagt. Eine feministische Perspektive, die einerseits sehr persönlich und doch auch wieder universell ist. Sprachlich außergewöhnlich und gerade in den poetischen Passagen ein literarischer Hochgenuss.