Rezension

Intensive lyrische Spurensuche

Ein Geist in der Kehle
von Doireann Ní Ghríofa

Bewertet mit 5 Sternen

Die Sunday Times schreibt „Außergewöhnlich, intensiv, lyrisch.“

Genauso.

Dieser wunderbare Roman hat mir außergewöhnlich gut gefallen, das Lesen der lyrischen Sprache ein wahrer Genuss, die behandelten Themen intensiv.

Mir war anfänglich nicht ganz klar, dass es nicht um einen fiktiven Roman handelt, sondern um einen stark autobiographisch inspirierten Text.

Doireann Ní Ghríofa verwebt in ihrem Roman ihre eigene Geschichte mit der Geschichte von Eiblhín Dubh Ní Chonaill, einer irischen Adeligen, die im 18. Jahrhundert das Caoineadh geschrieben hat. Das Caoineadh ist ein national sehr bekanntes altes gälischen Klagelied, worin Eiblhín Dubh Ní Chonaill die Ermordung ihres Mannes beschreibt und ihre tiefe Trauer danach.

Ní Ghríofa hat, wie wieviele Schulkinder, den Text in ihrer Jugend kennengelernt und er begleitet sie seither.

Sie beschreibt wunderbar diese intime und verletzliche Zeit nach der Geburt ihrer Kinder und die erste Zeit mit einem neugeborenen Baby. Dieser Kokon aus Liebe und Aufopferung und dem tiefen weiblichen Band, das die Menschen zeitenübergreifend verbindet. Diese Ambivalenz zwischen erschöpfter Leere und Erfüllung. In meinen Augen eine der schönsten und nuanciertesten Beschreibungen von junger Mutterschaft, die ich in letzter Zeit gelesen habe.

 

Ní Ghríofa spürt durch die Verszeilen des Caoineadh eine tiefe Verbundenheit mit Eiblhín Dubh Ní Chonaill und möchte mehr über das Leben der Adeligen erfahren. Eine obsessive Bessesenheit beginnt, die Ní Ghríofa über Jahre begleiten und über schwere Zeiten hinweghelfen wird. Die Autorin wird später selbst in einem Interview sagen, dass sie während des Schreibprozesses wie unter einem Bahn stand und das ist deutlich durch die Zeilen zu spüren. Eine Zwanghaftigkeit, eine Unabdingbarkeit Eiblhín Dubh Ní Chonaills Geschichte zu erzählen.

Getragen von dem Wunsch dieser Frau, deren Anwesenheit so oft aus männlichen Texten gelöscht wurde, eine neue Bedeutsamkeit zukommen zu lassen.

 

Ich habe das Lesen von Ní Ghríofas magischer und lyrischer Sprache sehr genossen und fühlte mich in ihrem Text erkannt und gesehen.

Ich denke, es ist einer dieser Romane, mit dem nicht zwangsläufig jeder warm wird, da die Themen sehr persönlich und intim sind. Von mir eine klare Empfehlung, sich an diesem wunderbaren Roman zu versuchen und sich emotional ganz darauf einzulassen!