Rezension

Fräulein Golds Einsatz für die Scheunenkinder

Fräulein Gold. Scheunenkinder - Anne Stern

Fräulein Gold. Scheunenkinder
von Anne Stern

Bewertet mit 5 Sternen

In diesem Buch erfahren wir mehr über Hulda Gold, eine mobile Hebamme mitten im Berlin der 20er Jahre, die bei ihren Patientinnen sehr beliebt ist, denn sie ist zuverlässig zur Stelle, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Außerdem weiß Huld immer Rat, wenn Probleme auftreten, und betreut die jungen Mütter auch nach der Geburt mit guten Tipps.
Hulda wird zu einer schwangeren Frau gerufen. Dazu muss sie ihr Stammgebiet verlassen, denn die Frau wohnt im berüchtigten Scheunenviertel, wo die Armut unter der Bevölkerung besonders groß ist und wo besonders viele Juden wohnen. Die jüdische Familie, der die schwangere Frau angehört, ist zerstritten, und schon bald gerät Hulda in einen Kriminalfall, denn das neugeborene Baby verschwindet kurz nach seiner Geburt....Treffenderweise ermittelt auch Huldas Freund Karl, ein Kriminalkommissar, in einem ähnlich gelagerten Fall. Gibt es da eine Verbindung? Wer Hulda kennt, weiß, dass sie der Angelegenheit auf den Grund gehen wird. Hulda ermittelt sehr resolut und unerschrocken. Sie geht so manches Risiko ein, auch wenn es gefährlich wird.
Gleichzeitig wird die politische Situation immer bedrohlicher, denn die Zeit nach dem ersten Weltkrieg ist die Zeit der Inflation und der knappen Lebensmittel. Da gewisse Vereinigungen den Juden die Schuld daran geben, werden diese öffentlich gejagt und angegriffen. Mit Entsetzen erkennt man, wie aufgebracht die Bevölkerung war und wie leicht es zum Tumult kam, dass aber die Polizei kaum etwas dagegen unternimmt. Ich mag diese Blicke hinter die historischen Kulissen, denn die Ausmaße des Judenhasses in dieser Zeit waren mir nicht bekannt. Die Autorin hat intensive Recherchen betrieben.
Ich habe den Roman genossen und freue mich jetzt schon auf den 3.Teil, denn Hulda ist sympathisch, hat das Herz am rechten Fleck und irgendwie wünscht man sich, mit dieser Person bekannt zu sein. Hulda ist als alleinstehende Frau in dieser Zeit erstaunlich emanzipiert und eigenständig. Sie setzt sich auch über bestehende Regeln einfach hinweg und wirkt so etwas rebellisch, was ihren Charakter wunderbar abrundet.
Aber auch andere Charaktere in diesem Roman sind sehr einfühlsam und überzeugend beschrieben und ausgearbeitet, so z.B. auch der Rabbi, der Hulda unterstützt, oder auch Felix, Huldas alte große Liebe, dem sie immer wieder über den Weg läuft und der in seiner Ehe sehr unglücklich ist.
Alles in allem kann ich den Roman wärmstens empfehlen, denn auch der zweite Teil hat mich gefesselt und hinterließ keine Spur von Langatmigkeit.