Rezension

Mir fehlte der Tiefgang!

Die Welt ist kein Ozean - Alexa Hennig von Lange

Die Welt ist kein Ozean
von Alexa Hennig von Lange

Bewertet mit 2 Sternen

Schreibstil

Auf „Die Welt ist kein Ozean“ habe ich mich sehr lange gefreut, denn allein der Klappentext verspricht ein tiefgründiges Buch, das einen mit auf eine Reise nimmt. Leider habe ich mich im Vorfeld nicht über die anderen Bücher der Autorin informiert, denn da wäre mir vielleicht aufgefallen, dass sie vorwiegend seichte Liebesromane für Jugendliche schreibt. Die Erwartung, die ich deswegen in dieses Buch hatte, wurden leider nicht erfüllt. Der Schreibstil der Autorin ist zwar gut, aber meiner Meinung nach viel zu einfach gehalten. Die Charaktere in „Die Welt ist kein Ozean“ haben sich nicht entwickelt und Alexa Henning von Lange erzählt leider viel Nebensächliches. 

Leider fehlte mir auch ein wenig Einfühlungsvermögen mit dem Thema „psychische Erkrankungen“. Es wird hier meiner Meinung nach alles verzerrt dargestellt. Da ich selbst früher in mehreren psychiatrischen Kliniken war und ich mich vielleicht deswegen so auf das Buch gefreut habe, konnte ich mich in die Welt, die der Leser in diesem Buch betritt, einfach nicht anfreunden. Es wirkt alles recht oberflächlich und da, wo Tiefe hätte sein müssen, ist nichts als Leere. Der Klinikalltag wird kaum beschrieben und die restlichen Patienten, neben Tucker, bleiben leblos. Das war eine Tatsache, die ich wirklich sehr schade fand.

Charaktere

Mit der Protagonistin Franzi konnte ich mich nicht so wirklich anfreunden. Sie wirkt sehr blass und beinahe leblos. Was wir über sie erfahren ist eigentlich nur, dass sie gerne Klavier spielt, nach 
Australien möchte und feuerrote Haare hat. Mir hat auch hier ein wenig Tiefe gefehlt, denn leider kam ich der lieben Franzi nicht wirklich nahe und deswegen lief auch die gesamte Geschichte eher emotionslos ab. 

Tucker ist der Junge an der Klinik, den Franzi bei ihrem Praktikum kennenlernt. Natürlich reicht hier eine einzige Begegnung um ihn einen großen Schritt Richtung Heilung zu bringen. Leider hat die Autorin darauf verzichtet, näher auf seine Krankheit einzugehen. Er leidet nämlich an totalem Mutismus, was bedeutet, dass er durch ein Schockerlebnis nicht mehr sprechen kann. Leider erfährt man als Leser recht wenig über diese psychische Störung und der Heilungsprozess ging mir hier einfach zu schnell. Neben dem Lesen musste ich mich selbst ein wenig über diesen Mutismus schlau machen und ich muss sagen, dass ich diese plötzliche Heilung und auch Tuckers Verhalten nicht verstehen kann.

Tucker wird im Buch der „unnahbare Junge“ genannt. Leider finde ich die Bezeichnung nicht sehr treffend, denn sobald er Franzi gesehen hat, sucht er ihre Nähe. Hier hätte ich mir eine Art gewünscht, wie die beiden zueinander finden, denn für mich war das alles nicht sehr glaubhaft. 

Negativ aufgefallen ist mir auch Franzis beste Freund Nelli, die Franzi nur noch mehr durcheinander bringt. Ständig dieses Hin und Her und Nellis Art, alles negativ zu sehen. Schon auf den ersten Seiten beschwert sie sich darüber, dass in solchen psychiatrischen Kliniken nur „Freaks“ sind! Für mich hat Nelli somit einen Platz auf meiner persönlichen Liste der „unmöglichsten Buchcharaktere“ gesichert!

Meinung

Habt ihr euch auch einmal so richtig auf ein Buch gefreut und wart dann beim Lesen richtig enttäuscht? Das ist mir jetzt bei diesem Buch leider passiert. Ich habe einen tiefgründigen Jugendroman erwartet, der über psychische Probleme bei Jugendlichen handelt. Besonders das Praktikum, an dem Franzi teilnimmt, habe ich mir spannender und viel interessanter vorgestellt. Leider steht die Liebesgeschichte von Tucker und Franzi im Vordergrund, die für mich leider nicht ganz so nachvollziehbar war.

Den Einstieg ins Buch habe ich erst nach gut 100 Seiten gefunden. Auf den ersten Seiten verlief die Geschichte für mich viel zu schnell. Franzi kommt in der Klinik an und sofort sieht sie Tucker und BUMMM, es ist die große Liebe, weil er ja so tolle, flaschengrüne Augen hat. Okay, ich habe das erst einmal so hingenommen, denn am Anfang fand ich Tucker, den „unnahbaren Jungen“ noch interessant, aber das hat sich leider geändert.

Eigentlich dachte ich, dass besonders die Annäherung von Franzi an Tucker eine große Rolle spielt, aber leider geht auch das viel zu schnell. Kaum ist Franzi mit den roten Haaren, die Tucker wohl an Pumuckel erinnert, in der Klinik, verändert er sich und sucht Nähe. Das, was die Ärzte über ein Jahr nicht geschafft haben, gelingt der Franzi urplötzlich und genau diese Entwicklung fand ich leider überhaupt nicht nachvollziehbar. Da, wo ich Tiefe erwartet habe, war nichts. Im Grunde könnten Franzi und Tucker auch zwei „normale“ Jugendliche sein, die sich irgendwo anders kennengelernt haben. Zwar ist das Schockerlebnis von Tucker sehr interessant, aber leider konnte mich auch diese Geschichte nicht berühren.

Die „Liebesgeschichte“ ist ein ständiges Hin und Her, nach dem Motto „Mag ich ihn nun oder doch nicht?“ Leider hat auch Franzi dadurch Sympathie verloren, dass sie dauernd darüber nachdenkt, Tucker nicht wiederzusehen, obwohl er ganz klar Hilfe braucht. Wieso will sie ihm im Stich lassen? Ist es dann wirklich Liebe? Auch am Ende gibt es einen Moment, der mich wirklich aufgeregt hat und bei dem ich das Buch am liebsten beiseite geworfen hätte. Klar, ich verstehe, dass Jugendliche noch nicht wissen, was sie im Leben wollen, aber Franzis Art, erst von der großen, einzigartigen Liebe zu sprechen und dann ein paar Seiten später zu denken „Ich will ihn nie wieder sehen“, ging für mich überhaupt nicht.

Positiv fand ich hingegen, dass sich der Stil der Autorin im Laufe der Geschichte deutlich verbessert hat. Am Anfang war die Geschichte viel zu schnell, doch im Mittelteil gab es so einige Momente, die ich toll fand. In erster Linie war dies der Abschnitt, in dem sie den Countrysänger Randy kennenlernt. Die Intensität dieses Abschnittes hat mich überrascht und ich hätte mir viel mehr davon im restlichen Buch gewünscht.

Das Buch ist auf jeden Fall gut lesbar, aber es hat bei mir leider kaum etwas hinterlassen. Schade fand ich zudem, dass auch so viel Nebensächliches in den Fokus rückt. Ich habe mich ein wenig informiert und herausgefunden, dass die Schwester von Franzi bereits in einem anderen Buch der Autorin die Protagonistin gewesen ist. Für Fans der Autorin ist das sicher toll, einen bekannten Charakter wiederzutreffen, aber ich fand diese Abschnitte und auch die Abschnitte über die nervige Freundin von Franzi ein wenig eintönig.

Fazit

Ich hätte von dem Buch nicht zu viel erwarten sollen, denn leider handelt es überhaupt nicht von psychischen Erkrankungen, sondern beschreibt nur eine normale „Jugendliebe“, die für mich aber stellenweise sehr kitschig wirkte!