Rezension

Ein berührendes Buch

Die Welt ist kein Ozean - Alexa Hennig von Lange

Die Welt ist kein Ozean
von Alexa Hennig von Lange

Bewertet mit 5 Sternen

Franzi ist 16 Jahre alt und will unbedingt 1 Auslandsjahr an einem Musikcollege in Australien machen. Seit vielen Jahren spielt sie Klavier, mit Hingabe und Liebe. Nun muss sie nur noch ein Vorspielen hinter sich bringen, um die Bewerbung für den Platz in Australien hoffentlich erfolgreich abschließen zu können.

Vorerst aber muss sie ein 2-wöchiges Schulpraktikum absolvieren. Sie wollte etwas ganz besonderes machen und hat sich dafür in einer psychiatrischen Klinik angemeldet.

Am ersten Tag wird sie freundlich von Schwester Maggie in Empfang genommen und sogleich voll mit integriert. Sie wird auf der Station, auf der sie eingesetzt werden soll, herumgeführt und mit den Insassen bekannt gemacht. Nicht jedem sieht man gleich sein Problem an. 

Gleich zu Beginn wird ihr nahegelegt, dass sie sich nicht mit den Insassen anfreunden soll, denn die Nähe, die sie dabei aufbaut, könnte dem Patienten zum Nachteil gereichen, wenn sie nach 14 Tagen wieder verschwunden ist.

 

Als sie in der Schwimmhalle ankommen, wird ihr der unnahbarste und schwerste Fall der Station vorgestellt - Tucker. Während ihr Maggie erzählt, dass der 18-jährige seit 1 Jahr bei ihnen ist und niemanden an sich heranlässt und nicht spricht, schwimmt dieser seine Bahnen im Becken völlig unbeteiligt. Als Maggie sie verlassen muss, bleibt Franzi vorerst allein in der Schwimmhalle. Sie weiß nicht wirklich, was sie dort soll und wie sie sich verhalten soll, also erzählt sie Tucker einfach irgendetwas, was ihr so gerade in den Sinn kommt. Von seiner Seite erfolgt keine Regung.

Am kommenden Tag jedoch nimmt Tucker an einer Veranstaltung teil, bei der er noch nie war. Es scheint so, als hätte Franzi einen Nerv bei Tucker getroffen, denn sie schafft es tatsächlich, sich ihm zu nähern. Aber kann das gut gehen? ...

 

Franzi fühlt sich gut in der psychiatrischen Klinik, merkt sie doch, dass sie gebraucht wird. Sicher sieht sie auch viel Elend, was sie sonst nie gesehen hätte. Selbstmordpatienten gibt es dort ebenso wie eben Menschen wie Tucker, die die Außenwelt außen vor lassen und sich auf sich selbst konzentrieren.

 

Franzi merkt, dass sie Zugang zu Tucker findet und auch er lässt sich auf Franzi ein, wenn auch nach wie vor nicht mit Worten. Seine Handlungen sprechen für sich und machen diesen großen, traurigen Jungen für den Leser interessant. 

Als ich von den Unglück las, was die Ursache von Tuckers totalem Mutismus war, sind mir fast die Tränen gekommen. Wie kann man mit solch einer "Schuld", wie er glaubt sie begannen zu haben, leben? Es ist schwer, sich in ihn hineinzuversetzen, aber die Autorin Alexa Hennig von Lange hat es geschafft, dieses auch dem Leser zu vermitteln.

 

Die Autorin hat sich sehr gut mit der Krankheit "totaler Mutismus" auseinandergesetzt und diese hervorragend recherchiert. Ebenso die Vorgänge in der Klinik und das Verhältnis Patient - Arzt.

Es stellte sich zwischendurch die Frage, was wichtiger ist, der Erfolg am Patienten oder die Methode, wie man ihn erringt?

 

Franzi, die immer mehr Zugang zu Tucker findet, steht bald eine schwere Entscheidung bevor. Sie sieht, wie Tucker immer mehr auf sie eingeht, aber was soll werden, wenn sie das Stipendium für den Australienaufenthalt gewinnt? Was soll sie machen? Auf das lang ersehnte Jahr zu Gunsten von Tucker verzichten oder sich selbst die nächste sein und ihr Ding durchziehen?

 

Ein wunderbares Buch, das in einem Milieu spielt, mit dem ich persönlich so gar keinen Kontakt habe und auch nicht genug Wissen mitbringe.

Ich habe mich auf die Geschichte eingelassen und sie genossen. Alexa Hennig von Lange hat mich mehr oder weniger an die Hand genommen und mich mitgenommen in die Klinik. Ich habe Franzi und Tucker beobachtet wie auch die anderen Patienten. Das Buch hat mich bewegt und noch eine ganze Weile nicht losgelassen.

Der Schreibstil der Autorin hat es mir leicht gemacht, nur so durch die Seiten zu fliegen. Ich mochte es nicht aus der Hand legen, so hat es mich gefesselt, natürlich wollte ich auch wissen, wie es ausgeht, ob die Krankheit von Tucker heilbar ist.

Mir hat die Autorin mit dem Buch wunderbare Stunden beschert und ich empfehle es sehr gern weiter und das nicht nur für Jugendliche.

Kommentare

gaby2707 kommentierte am 04. August 2015 um 16:40

Danke für die interessante Rezi. Da muss ich schauen, dass das Buch bald von meiner Wunschliste verschwindet.