Rezension

Seichte Lovestory mit langweiligen Protagonisten und ohne einen Hauch Tiefgang

Die Welt ist kein Ozean - Alexa Hennig von Lange

Die Welt ist kein Ozean
von Alexa Hennig von Lange

Bewertet mit 2 Sternen

Die wohlbehütete Franzi entschließt sich für ein Zweiwöchiges Schulpraktikum in einer Berliner Kinder- und Jugendpsychatrie. Schon an ihrem ersten Tag begegnet sie Tucker Beer, einem Jungen der unter "totalem Mutismus" leidet und nonverbal kommuniziert. Tucker, der seine Zeit am liebsten im Wasser verbringt, weckt sofort Franzis Interesse und schon beim ersten Zusammentreffen spürt sie eine besondere Verbindung. Sie versucht Tucker aus der Reserve zu locken und sein Schweigen zu brechen, doch wird ihr das gelingen ?

Meinung:
Ich muss sagen, das ich nach dem kurzen Klappentext und einem ersten Blick auf dieses wunderschöne Cover, doch ziemlich bestimmte Erwartungen an das Buch hatte. Ich hatte mir eine schöne, authentische Liebesgeschichte erhofft, deren Fokus sich aber vorallem auf das Thema "psychische Krankheit" legt.

Nachdem der Einstieg aufgrund eines einfachen und leichten Schreibstils wirklich gut gelang, musste ich nach den ersten circa einhundert Seiten leider feststellen, das diese Geschichte und ich wohl keine Freunde mehr werden. Wäre das Buch kein Rezensionsexemplar gewesen, dann hätte ich es, da muss ich ehrlich sein, sogar abgebrochen.

Woran lag das ? Nun, da gibt es mehrere Gründe.

Zum einen wurde ich mit Franzi nicht wirklich warm. Sie mag ein sympathisches und für ihre familiären Verhältnisse recht bodenständiges Mädchen sein, aber sie blieb für mich weitestgehend gesichtslos. Sie findet sich selbst recht unscheinbar, trotz auffälliger roter Locken und Sommersprossen, liebt ihr Klavier und träumt seit ihrer Kindheit von einem Auslandsjahr am Musikcollege in Australien. Als sie Tucker zum ersten Mal sieht, ist sie direkt Feuer und Flamme und hat das Bedürfnis mehr über den Grund seines Schweigens zu erfahren und ihn aus der Reserve zu locken. Sie verliebt sich Hals über Kopf und würde für Tucker sofort, nach 10 Tagen, ihren Lebenstraum aufgeben. Sie wirkt naiv und hat sich, obwohl sie das Praktikum in der Kinder- und Jugendpsychatrie so unbedingt machen will, noch nie wirklich mit psychischen Störungen auseinander gesetzt. Warum also will sie ausgerechnet dort arbeiten ? Erschließt sich mir leider nicht.

Tucker ist, natürlich, wahnsinnig gut aussehend, er liebt das Wasser und verguckt sich in Franzi. Leider kann ich über Tucker nicht sehr viel mehr sagen. Im Verlauf der Handlung erfährt man zwar einiges über den Grund seines Schweigens, aber ansonsten bleibt er ein recht blasser Charakter, der im letzten Drittel plötzlich, wie durch ein Wunder geheilt wird und quasselt wie ein Wasserfall. Was ist mit einmal mit dem schüchternen Jungen passiert ? Mit einmal ist er zu Scherzen aufgelegt, macht einen verschmitzten Eindruck und von seinen Problemen ist keine Spur mehr zu entdecken.

Wer mir richtig auf den Keks ging, war Franzis beste Freundin Nelli, die sie permanent Miss Franziska nennt, keiner weiß wieso, erklärt wird es auch nicht. Nelli war mir auf Anhieb richtig unsympathisch, man hat das Gefühl das sie immer im Mittelpunkt stehen muss, tut sie dies nicht, dann zickt sie rum. Außerdem ist sie wie Franziska in Bezug auf "psychisch Erkrankte" absolut naiv, für sie sind das alles nur Freaks. Man sollte meinen, das Mädchen mit 17, die noch dazu ein Gymnasium besuchen und später, in Nellis Fall, doch recht hoch angesehene Berufe anstreben, ein bisschen schlauer und weniger von oben herab sind.

Ein weiterer Minuspunkt, der wohl Größte überhaupt, war für mich jedoch Alexa von Hennigs Umgang mit dem Thema "psychische" Erkrankung. Ein sensibles Thema auf das die Autorin für meinen Geschmack absolut gar nicht eingeht oder es im Fall von Tucker nur oberflächlich ankratzt.
Zwar erwähnt sie einzelne Krankheiten wie Bulimie und biporale Störung, aber das wars dann leider auch schon.

Wirklich wütend gemacht hat mich eine Stelle, bei der es um Bulimie ging. Sie lässt ein junges Mädchen einfach sterben, weil das Mädchen das so will. Hallo ? In einer psychatrischen Klinik !!! Da gibt es weder Ärzte noch Therapeuten die so etwas einfach zulassen würden. Wäre ich ein Teenager, würde das auf mich durchaus wirken, als wolle mir die Autorin suggerieren, das es in Ordnung ist einfach aufzugeben. Das fand ich einfach nur unmöglich. Wesentlich sinnvoller wäre es hier gewesen, einen Appell an die Jugendlichen, auf die dieses Buch ja nun mal ausgelegt ist, zu senden, das es immer Hilfe gibt und man nicht aufgeben soll. Der Schuß ging also deutlich nach hinten los und der Drang in mir das Buch an die Wand zu werfen, war in diesem Moment übermächtig.

Die Handlung plätschert so vor sich hin, ohne das groß etwas passiert. Wir begleiten Franziska mehr in ihrem Alltag als in der Klinik, müssen ihre negativ eingestellte Freundin Nelli ertragen, die nur Sex und Jungs im Kopf hat und sich über ihren Vater ärgert, der sie und die Mutter verlassen hat. Nebenbei erfahren wir einiges über Franzis Überfliegerschwester Sina und deren Freund, den die Familie erst dann leiden konnte, als er der Mutter das Leben gerettet hat, was die Familie für mich in ein fragwürdiges Licht rückt. Die Liebesgeschichte zwischen Franzi und Tucker entwickelt sich merkwürdig und ist für mich nicht nachvollziehbar.

Ich habe wirklich wirklich versucht diesem Buch eine Chance zu geben, meine Erwartungen nach unten zu schrauben, Franzi zu mögen und über den Fauxpas mit der Bulimie hinweg zu sehen, aber am Ende ist es mir einfach nicht gelungen an diesem Werk auch nur irgendetwas Positives zu finden, was mir für die Autorin wirklich leid tut, denn schließlich steckt in jedem Buch eine Menge harter Arbeit.

Fazit:
Alles in allem ist "Die Welt ist kein Ozean" eine wirklich seichte, nicht besonders gut durchdachte Liebesgeschichte, die mit dem Thema "psychische Erkrankung" nicht sonderlich viel zu tun hat. Mich hat das Buch auf ganzer Linie enttäuscht und stellenweise sogar richtig erzürnt.
Für das ansprechend gestaltete Cover und den leichten Schreibstil vergebe ich 2 von 5 Sternen.