Rezension

Schöne Geschichte, kann noch etwas geschliffen werden

Lost Souls Ltd., Band 1. Blue Blue Eyes - Alice Gabathuler

Lost Souls Ltd., Band 1. Blue Blue Eyes
von Alice Gabathuler

Bewertet mit 3 Sternen

Die Leseprobe hatte mich voll überzeugt und ich freute mich richtig auf dieses spannende Buch. Das Cover ist unglaublich stimmungsvoll und hat sogar einen Bezug zum Inhalt - nicht nur aufgrund der düsteren Atmosphäre.

Lost Souls Ltd., das sind Ayden, Raid und Nathan. Jeder von ihnen hat eine dunkle Vergangenheit und kämpfen noch mit ihren inneren Dämonen. Doch im Rahmen ihrer Organisation kämpfen sie vor allem darum andere Jugendliche vor demselben Schicksal zu bewahren. 

Klingt schonmal nach einem guten Rezept für eine neue Jugendserie.

Im ersten Band kümmern sich Ayden und Co. um Kata Benning. Die Geschichte zu lesen ging dann zwar relativ schnell, aber wirklich warm geworden bin ich mit der Geschichte nicht. Während Ayden und Raix sich bemühen Katas Leben zu retten, lässt diese sich - völlig realistisch - davon wenig beeindrucken. Schließlich kennt sie die Typen nicht. Wieso sollte sie ihnen glauben? Sie gerät  damit aber noch tiefer in die Verwicklungen und hat keine Ahnung, was da um sie herum eigentlich passiert.

Auch der Leser wird lange im Dunkeln gelassen. Das dient natürlich dem Spannungsaufbau, begünstigt aber in einem Fall  leider auch eine gewisse Distanziertheit, die bis zum Ende nicht mehr auflockert. Aufgefallen ist mir das aber auch erst kurz vor dem Ende, als von einer unsichtbaren Mauer die Rede ist.

Trotzdem habe ich die Geschichte gern gelesen und war auch neugierig was es mit dem Geheimnis um Kata auf sich hatte und ob Ayden mit seinen Warnungen Recht behalten würde. Insgesamt sind die Interaktionen zwischen Ayden und Kata aber sehr begrenzt. 

Die Auflösungen kamen stückchenweise und ich hätte sie mir zumindest Katas Vergangenheit betreffend etwas detaillierter gewünscht. So kam es mir vor, als ob einzelne Szenen aneinander genäht wurden - ohne wirkliche Verbindung zueinander. Völlig rätselhaft - und von der Autorin wohl beabsichtigt - blieb mir Aydens Gespräch mit dem Nachbarn Henry. Ich kann mir schon denken, dass er auch in den Folgebänden eine interessante Rolle spielen wird, trotzdem hätte ich mir seine Einführung ein bisschen weniger Paukenschlag und Fragezeichen und etwas mehr aus der subtilen Schublade gewünscht.

Ich würde diesen ersten Band noch als eine fast fertige Rohvariante betrachten. Selbstverständlich sind die hinterlassenen Fragezeichen Absicht, und ich bin schon echt neugierig auf den nächsten Band, aber die emotionale Kälte, die hier den roten Faden darstellen soll, finde ich schwer verständlich - und zwar gut geschrieben, aber nicht gut vermittelt. Emotionslose Charaktere können etwas anziehendes haben und einen Ansatz kann man auch in allen beschriebenen Protagonisten erkennen, aber es fehlt noch das gewisse Etwas um die leblose Kälte und bewusste, berechnete Kälte umzuwandeln.

Bei Nathan ist diese Charakterisierung noch am Besten gelungen. Er bekommt erst reichlich spät seinen Auftritt, aber dann ist er da und nicht mehr wegzudenken. Innerlich düster und besessen, aber loyal zu seinen Freunden und durch seinen Status als reicher, wandelbarer Star äußerst nützlich.

Die konstruierte emotionale Unberührtheit wird durch das letzte Kapitel aber nicht nur in Frage gestellt, sondern gerät fast ins un-glaubliche. Soll da wirklich auf den letzten fünf Seiten der Kitsch bedient werden? Wie soll der Leser das begreifen, wie ist das zu verstehen? 

Ich habe das Gefühl an dieser Stelle hätten dem Buch mehr Seiten gut getan. Immerhin wirkt es so, als solle eine Beziehung angebahnt oder angedeutet werden, davon ist im vorangegangenen Buch aber keinerlei Rede gewesen. 

Auch wenn das Ende noch das schrägste ist, bleibt ein positiver Eindruck und der Wunsch, dass der nächste Band diese Stärken noch weiter ausbaut und die kleineren Schwächen dann weggeschliffen sind. Denn von der Sprache und erzählerischen Struktur ist die Geschichte einwandfrei. Der Inhalt lässt auch nicht viel zu wünschen übrig - lediglich die Konstruktion der einzelnen Handlungen und Informationsfluss an den Leser müssten noch etwas optimiert werden - sonst bleiben die Protagonisten distanziert und das ist ja nicht Sinn der Sache.