Rezension

Traurig, herzerwärmend, hinreißend

Niemals ohne sie - Jocelyne Saucier

Niemals ohne sie
von Jocelyne Saucier

Bewertet mit 5 Sternen

Mutter Cardinal hat 21 Kindern das Leben geschenkt. Vater Cardinal ist sehr stolz darauf, dass alle überlebt haben. Zumindest behauptet er das, als er im Alter für seine erfolgreiche Suche nach Erzvorkommen eine Auszeichnung erhalten soll.

Leicht war das Leben in einer so großen Familie nicht. Trotzdem erinnert sich der Nachwuchs gerne an die Kindheit. Sechs Geschwister, unter ihnen der Jüngste und der Älteste erzählen vom armseligen, aber glücklichen Familienleben. Obwohl der Vater ein gutes Gespür für Metalladern in Gesteinen hatte, war die Familie nie wohlhabend. Ihr Reichtum bestand im Zusammenhalt in der Familie. Èmilienne, das älteste Mädchen, das sich schon sehr früh um die Jüngsten kümmern musste, damit sich die Mutter in der Küche den Kochtöpfen widmen konnte, erzählt: Jeder musste

„seinen Anspruch in einem Haus verteidigen, in dem nichts, rein gar nichts, nicht einmal ein Schlafplatz, uns persönlich gehörte. Wir schliefen in dem Bett, das gerade frei war, und zogen an, was wir in den Kleiderhaufen meiner Waschküche fanden.“

Was relativ harmlos beginnt, entwickelt sich zu einer verzwickten Familiengeschichte, in der jeder dem anderen etwas vormacht. Erst als nach 30 Jahren wieder alle zusammenfinden, wird das Geschehene aufgearbeitet.

 

Der Roman der kanadischen Schriftstellerin Jocelyne Saucier erschien 2001 in französischer Sprache. 18 Jahre später brachte ihn der Insel-Verlag in der Übersetzung von Sonja Finck und Frank Weigand auf den deutschen Büchermarkt. Die Hommage an ein außergewöhnliches Familienleben ist mitreißend geschrieben und hat mich vollends von der 1948 geborenen, begnadeten Schriftstellerin überzeugt. Für mich was das ihr drittes Buch, aber ich hoffe, dass es nicht das letzte sein wird.