Rezension

Überraschend andere Dystopie!

Incarceron - Catherine Fisher

Incarceron
von Catherine Fisher

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt

 

Eine rückständige Gesellschaft, gefangen in ihren strengen Regeln und Protokollen, zerfressen von Verrat und Misstrauen. Und ein lebendiges Gefängnis, das grausam, unerbittlich und allgegenwärtig über seine Gefangenen wacht.

 

Finn ist ein Häftling, seit er im Alter von fünfzehn in einer der Zellen von Incarceron erwachte. Für die anderen ist er ein Sohn des Gefängnisses, doch seine Visionen lassen ihn etwas anderes glauben: Er stammt von Außerhalb und muss dorthin wieder zurück. Aber gibt es überhaupt einen Fluchtweg aus dem riesigen Gebilde? Er glaubt kaum daran, bis er in den Besitz eines ominösen Schlüssels gelangt.
Gleichzeitig versucht Claudia außerhalb von Incarceron, ihrem eigenen Kerker zu entkommen und einer arrangierten Ehe zu entfliehen. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, die Hochzeit zu verhindern, entdeckt sie im Arbeitszimmer ihres Vaters einen mysteriösen Schlüssel. Sie nimmt ihn an sich ohne zu ahnen, dass sie und Finn bald miteinander verbunden sein werden. Und sie seine Rettung sein könnte, genauso wie er die ihre.

 

Meinung

 

Catherine Fishers Roman hat mich gleich zu Anfang mit seiner dargestellten Welt überrascht und begeistert. Anstatt einer fortschrittlichen Gesellschaft begegnet man einer bewusst rückständigen Zukunft, in der moderne Erfindungen nur versteckt genutzt werden und sogar in der Öffentlichkeit verpönt sind. Selbst innerhalb des Gefängnisses, der größten technologischen Errungenschaft in dem Buch, herrschen dieselben Zustände, was der gesamten Geschichte auch etwas Magisches, Unwirkliches verleiht. Zumal die Dimensionen von Incarceron selbst erst nach und nach offenbart werden und man auf den ersten Seiten regelrecht in die Story hineingeworfen wird. Wer die einzelnen Figuren sind und welche Rolle sie spielen, erfährt man nicht sofort, sondern taucht langsam und gemächlich in ihre Lebensumstände ein. Dadurch lernt man immer wieder neue Seiten an ihnen kennen, mit denen man vorher nicht gerechnet hätte. So werden nicht nur Finn und Claudia sehr lebendig dargestellt, sondern auch die Nebencharaktere wie Jared, Keiro, Gildas oder Attia.

 

Genauso unerwartete Wendungen durchziehen die Handlung und werfen den Leser von einer spannenden Szene in die nächste. Aus zwei Perspektiven, inner- und außerhalb des Gefängnisses, erzählt, nähern sich beide Seiten aneinander an, flüchten aufeinander zu, lediglich durch die Kommunikationsfunktion der zwei Schlüssel miteinander verbunden. Dabei gewinnt man besonders einen tieferen Einblick in die unterschiedlichsten Landschaften innerhalb von Incarceron, die Vielzahl seiner Bewohner und teilweise auch in sein „Seelenleben“. Leider bleibt vieles im Dunkeln, zum Beispiel wie das Gebilde lebendig wurde und ob es sich um eine Art künstliche Intelligenz handelt oder um etwas Vergleichbares. Das lässt es wirklich zu einem Biest werden, einer Märchenkreatur, deren Beweggründe schwer zu deuten sind.
Dasselbe gilt ebenso für die Motive der Außenwelt, sich zu einer veralteten, stagnierenden Gesellschaftsform zurückzuentwickeln. Doch vielleicht geben die Folgebände mehr Aufschluss darüber.

 

Fazit

 

Dieser Roman ist wirklich eine gelungene Fantasy-Dystopie, der Anfang einer Reihe, die eine völlig neue Atmosphäre verspricht. Spannend und mitreißend geschrieben begeistert das Buch vor allem durch seine interessanten und lebensechten Figuren und eine ungewöhnliche Handlung. Das lebendige Gefängnis bietet ein sehr interessantes Setting, über das man gerne noch mehr erfahren würde, besonders über das Wesen Incarceron selbst, das bisher wie ein undurchsichtiges Fantasiegeschöpf auf den Leser wirkt.
Ich werde mir auf alle Fälle den Nachfolger Sapphique besorgen, sobald er endlich auf Deutsch erscheint. Bisher ist er leider nur auf Englisch erhältlich.