Rezension

Was ist Gerechtigkeit?

Die Wahrheit -

Die Wahrheit
von Mattias Edvardsson

Bewertet mit 3.5 Sternen

Jurastudentin Karla möchte unbedingt Jura studieren und Richterin werden. Dazu muss sie jedoch die Abschlussprüfung im ersten Semester bestehen. Um Ruhe zu haben, zieht sie in ein Zimmer, das Familienvater Bill notgedrungen vermietet, um die Wohnung für sich und seine Tochter nicht zu verlieren. Er trauert um seine Frau, die der Krebs ihm genommen hat. Karla braucht ebenfalls Geld und übernimmt einen Putzjob, der sie auch ins Haus des Ehepaars Steven und Regina Ritter führt. Steven ist Arzt und seine Frau sehr krank. Schon bald kommt Karla der Zustand von Regina komisch vor. Jennica ist eine alte Freundin von Bills verstorbener Frau, hatte ihr aber vor Jahren die Freundschaft gekündigt. Zufällig lernt sie nun Steven Ritter kennen und kann sich seinem Charme kaum entziehen. Kurze Zeit später ist das Ehepaar Ritter tot. Ermordet. Ziemlich schnell gerät ausgerechnet Bill in Verdacht. Ist er der Täter?

Ich hatte mal wieder Lust auf einen Krimi und dieser hier erschien mir besonders rätselhaft zu sein. Drei Menschen, die irgendwie lose zusammenhängen und ein totes Ehepaar. Meine Neugier war geweckt. Der Autor bedient sich beim Aufbau der Geschichte häufiger Perspektivwechsel zwischen Karla, Jennica und Bill. In jedem Kapitel kommt einer von ihnen zu Wort. Nur langsam lernt man so die drei völlig verschiedenen Personen kennen und muss nach und nach die Zusammenhänge herstellen, was sich als gar nicht so leicht erweist. Denn Edvardsson gibt jeweil nur klitzekleine Fakten Preis, was uns nur langsam erkennen lässt, was sich bis zur Ermordung der Rytters zugetragen hat. Es ist also nicht der typische Spannungsbogen vorhanden, sondern es sind viele kleine interessante, manchmal aber auch ein bisschen in die Länge gezogene Ereignisse, die nur grob erahnen lassen, worum es überhaupt geht. Auch eingeflochten sind Verhörprotokolle der drei Haupt- und weiterer Nebenpersonen, die das Ganze noch etwas auflockern und gelegentlich Fragen aufwerfen.

Jennica ist ein eher unsympathischer Charakter von Anfang an, während Karla und Bill zunächst ganz nett zu sein scheinen. Doch wie bei einer Medaille könnte man sagen, sie haben zwei Seiten. Besonders interessant finde ich Karlas Gespräche mit ihrer Studienkollegin, in denen es viel um Recht, Gesetz, Gerechtigkeit und Strafe geht. Hier werden immer wieder Denkanstöße gegeben, die mich dazu brachten, mir zu diesen Themen und den Fallbeispielen, die ebenfalls genannt werden, Gedanken zu machen, während ich das Gefühl hatte, dass hier eine unaufhaltsame Abwärtsspirale bei Bill, Karla und vielleicht auch Jennica eingesetzt hat. Am Ende lag ich mit einer meiner Vermutungen gar nicht so weit von der "Wahrheit" entfernt und bleibe mit dem Gefühl zurück, dass es diese gar nicht wirklich gibt, sondern es auf die Perspektive ankommt. Mal abgesehen von einigen Längen, darf man sich hier keinen typischen Who-dunnit-Krimi erwarten. Eher ist es der genaue Blick auf die Protagonisten, der das Buch besonders macht. Was wäre hier gerecht? Darüber kann man noch Tage später immer wieder nachdenken. Durchaus also ganz gekonnt konstruiert, leider vermutet man doch sehr schnell, worauf es hinauslaufen wird. Daher vergebe ich 3,5 Sterne.