Rezension

Wenn eine Liebe einfach nicht sein sollte

Der Apfelsammler - Anja Jonuleit

Der Apfelsammler
von Anja Jonuleit

Bewertet mit 5 Sternen

Völlig unvorbereitet trifft Hannah die plötzliche Todesnachricht ihrer Tante Eli und damit auch ihrer allerletzten Verwandten. Davon aufgeschreckt beendet sie kurzerhand ihre eher einseitige Beziehung und fährt überstürzt nach Italien, Elis heimlicher Wahlheimat. In einem kleinen, gänzlich abgeschiedenen Dorf findet sie schließlich das nunmehr verwaiste Haus. Nie hatte Hannah sie dort jemals besucht und beginnt voll Wehmut in dem kleinen Häuschen nach dem Leben ihrer geliebten Tante zu forschen. Und findet Teile eines Briefes, der die tragische Geschichte der jungen Eli im tiefen Süden Deutschlands erzählt. Gebannt von den Enthüllungen, will Hannah mehr erfahren, denn der Brief ist unvollständig, große Teile fehlen und weshalb hatte sie nie etwas davon erfahren? Den verblassenden Spuren ihrer Tante folgend, begegnet sie dem grantigen und überaus eigensinnigen, wie unfreundlichen ´Apfelsammler´. Dieser hat sich der hingebungsvollen Suche und Erhaltung alter Apfel- und Birnensorten verschrieben und bekam zur Ernte regelmäßig die Unterstützung ihrer Tante. Und auch er scheint einiges zu verbergen. Immer mehr unbekannte Schichten der Persönlichkeit Elis lüftet Hannah, bis sie dann schließlich ihr größtes Geheimnis endgültig zu enthüllen vermag.
Der aus zwei Sichtweisen, wie auch Zeitebenen erzählte Roman von Anja Jonuleit birgt in sich die traurige Geschichte zweier Familien, die sich in den Wirren der Ereignisse so sehr festfahren, bis schlussendlich keiner davon das Glück findet. Die beiden Erzähler aus der jeweiligen Ich-Perspektive sind dabei Elisabeth, die aus der Vergangenheit her die Geschichte aufrollt und dann noch Hannah, welche sich von der Gegenwart demselben Ende nähert. Voll liebevoller Details steckend, weiß die sehr bildhafte Sprache eine dichte und mitreißende Atmosphäre zu schaffen, die das spätsommerliche Italien samt der Sinneseindrücke zum Leben erweckt. Immer mehr schließt man dann die eigenwilligen Protagonisten ins Herz, ein jeder mit einer nicht ganz leichten Vergangenheit. Das Buch hinterlässt dadurch einen prägenden Eindruck, nicht zuletzt in Hinblick auf die schwindenden Bestände alter Obstsorten. Denn der fiktive Apfelsammler des Romans hat durchaus ein sehr reales Vorbild: Isabella Dalla Ragione, die sich der Rettung dieser Obstsorten verschrieben und zusammen mit ihrem Vater eine Stiftung ins Leben gerufen hat: „Archeologia Arborea“. Wer es will, kann sogar eine Baum-Patenschaft übernehmen, muss dafür aber scheinbar jährlich nach Italien fahren und etwas Bio-Dünger für seinen Schützling selbst mitbringen.
Bereits seit längerem beschäftigt dieses Thema auch mich, umso mehr faszinierte mich die Geschichte, die durch die geschickt eingestreuten Informationen auch lehrreich sein konnte und damit meine Leseempfehlung mehr als nur verdient.