Rezension

wichtiges Thema, für mich zu eindimensional erzählt

Macht -

Macht
von Heidi Furre

Bewertet mit 3 Sternen

          ▪️Schwierig.
Objektiv hat der Roman alles, was mir sonst eigentlich gut gefällt. Intensive Introspektiv einer weiblichen Hauptfigur. Das Thema Macht und Machtverteilung.

▪️Trotzdem bin ich nicht begeistert. Ich habe jetzt einige Zeit darüber nachgedacht, warum mich der Roman so kaltlässt und konnte den Grund nicht wirklich ausmachen. Vielleicht ist es die für mich fehlende Mehrdimensionalität? Die schriftstellerisch erzeugte Distanz? Emotional ist einfach nur wenig bei mir angekommen.

▪️Im Zentrum des Romans steht die Erzählperspektive der Ich-Erzählerin. Sie wurde vor einigen Jahre vergewaltigt und erfuhr durch diesen gewaltsamen Übergriff ein massives Gefühl von Machtlosigkeit. Mit der Geburt ihres ersten Kindes, ein Sohn, erfährt sie erneut ein Gefühl von Machtlosigkeit über ihren Körper und das eigentlich gut verdrängte Trauma wird erneut getriggert. Zudem trifft sie bei ihrer Arbeit als Pflegerin seit kurzem einen bekannten Filmstar, der der Vergewaltigung beschuldigt wurde, aber vor Gericht und zum Teil auch in der Gesellschaft freigesprochen wurde.
Sie selbst hatte damals nur wenigen von der Vergewaltigung erzählt und sie nicht zu Anzeige gebracht. Auch ihr Mann weiß davon nichts. Darüber zu sprechen oder nicht, ist in ihren Augen die wenige Macht, die ihr noch bleibt.

▪️Die Beschreibungen, mit welcher Zwanghaftigkeit die Erzählerin versucht die Kontrolle und Deutungshoheit über ihr Leben zu behalten, haben mir gut gefallen.
Interessant fand ich auch die letzte Diskussion mit ihrer Freundin Frances über die Konsequenzen eines Outings. Für die Künstlerin Niki de Saint Phalle, die erst 53 Jahre nach der Tat in ihrem Buch „Mon Secret“ die Worte „ich wurde vergewaltigt“ finden konnte, wird es wie zu einem zusätzlichen Attribut. Beeinflusst dieses Wissen unseren Blick auf ihre Werke? Und wenn ja, was wäre die Alternative?

▪️Darauf kann es nur eine Antwort geben: dass niemand vergewaltigt!
(Ich schreibe hier bewusst nicht,… „dass keine Vergewaltigungen passieren“, denn sie passieren nicht einfach so. Sie werden begangen).

Trotz des starken und wichtigen Themas kein Roman der mich emotional erreicht hat.