Rezension

Worüber man nicht spricht

Sie ging nie zurück. Die Geschichte eines Familiendramas - Emma Brockes

Sie ging nie zurück. Die Geschichte eines Familiendramas
von Emma Brockes

Bewertet mit 3 Sternen

„Es heißt, man erbt die Schuldgefühle. Aber was man eigentlich erbt, ist das Schweigen.“

„Eines Tages erzähle ich dir die Geschichte meines Lebens, da wirst du staunen…“ Das sagt Paula zu ihrer zehnjährigen Tochter Emma, doch der Tag, an dem sie ihr alles erzählt, kommt nie. Emma hört Geschichten vom südafrikanischen Busch, von sieben Geschwistern, tödlichen Schlangenbissen und Hagelkörnern groß wie Golfbälle. Und einmal ist die Rede von einem Gerichtsprozess und der Waffe, mit der Paula ihren gewalttätigen Vater erschießen wollte. Aber etwas Wesentliches fehlt, das wird Emma erst nach dem Tod ihrer Mutter bewusst. Emma versucht, mehr über die Vergangenheit ihrer Familie in Erfahrung zu bringen. Sie reist nach Johannesburg, verabredet sich mit den unbekannten Verwandten, versucht sie zum Reden zu bringen, studiert Gerichtsakten. Was sie dabei erfährt, wird sie selbst für immer verändern…    (Klappentext)

 

Ein wirklich interessantes Thema wird hier aufgearbeitet. Eine Tochter auf der Suche nach dem, worüber ihre Mutter zeitlebens nicht sprechen konnte – ich war ungemein neugierig! Tatsächlich hat mich die Geschichte während der ersten Seiten, auf denen Emma sich noch in England befindet, gefesselt und ich konnte es kaum abwarten, dass sie Südafrika erreicht und dort ihre Nachforschungen beginnt. Was sie wohl herausfinden würde?

 

Leider wurde die Geschichte ab diesem Zeitpunkt für mich ausgesprochen zäh. Emma wird Antworten auf die meisten ihrer Fragen finden, aber sie stößt in erster Linie auf viele Verwandte, die eins eint: Das Schweigen. Und so wird auf vielen, vielen Seiten über alles Mögliche geredet, man erfährt die kleinsten Details über Onkel, Tante, Cousins usw. Das Ganze wird umrahmt von Beschreibungen der südafrikanischen Landschaft und des Straßenbilds von Johannesburg. Das ist sicher irgendwo interessant, aber vom Umfang her war es mir einfach zu viel.

 

Ich vermute, durch dieses viele Reden über Nichtigkeiten (jedes Gespräch ertränkt in großen Mengen von Alkohol) sollte unterstrichen werden, wie sehr die Wichtigkeiten von jedem einzelnen verdrängt werden. Diese Botschaft kam bei mir an und auf den paar Seiten, auf denen es Emma gelang, ihren Verwandten doch noch die entscheidenden Antworten abzuringen, war ich von den Erzählungen sehr betroffen. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass traumatische Kindheitserinnerungen oftmals Verdrängungsprozesse auslösen, daher finde ich es so schade, dass mich die vielen „Füllberichte“ so ermüdet haben. Auch das Thema Apartheit wurde meines Erachtens nach nur angerissen, dafür hätte ich mir ebenfalls mehr Raum gewünscht.

 

Fazit: Sehr interessante Story, aber eine klare Leseempfehlung kann ich nur für Liebhaber von Familiengeschichten aussprechen.