Rezension

Zu viel Salz in der Suppe...oder zu wenig, je wie man es sieht.

Bergsalz -

Bergsalz
von Karin Kalisa

Karin Kalisa hat sich für den vorliegenden Roman viel vorgenommen. Im Setting eines kleinen Dorfes im Allgäu behandelt sie nicht nur die Vereinsamung im Alter, die Veränderung von Rollenbildern, das Herauskommen aus der Vereinsamung in die Gemeinschaft, die Entstehung einer Offene Küche als soziales Engagement, die Integration von Geflüchteten, die allgegenwärtige Landflucht, eine aufflammende Heimatverbundenheit, die Traumatisierung von Helfern in Kriegsgebieten, aber auch Heilung davon und das Besinnen auf die Natur. Selbst diese Auflistung erscheint nach der Lektüre des 200 Seiten dünnen Büchleins immer noch nicht vollständig.

Damit wird klar, wo eine der vielen Schwächen dieses Buches liegt: Zu viele Themen auf zu engem Raum. Die Geschichte ist überladen an Figuren, Ereignissen und Handlungsbotschaften an die LeserInnen. Dabei geht im Plot alles viel zu glatt. Die Quintessenz: Wenn sich nur alle ein bisschen anstrengen, klappt das schon alles. Ich fühlte mich in ein absolutes Feel-Good-Movie versetzt, in dem es zwar Andeutungen von ernsteren Lebensereignissen in der Vergangenheit der Protagonisten gibt, diese aber gefühlt gar nicht so eine große Rolle spielen. Alles lässt sich kitten. Die Figuren sind zwar liebenswert, dabei aber leider nicht genug ausgeformt und bleiben schablonenhaft. Auch wird die Beziehung zwischen den Figuren häufig nicht ausreichend beleuchtet. Wichtig scheinen der Autorin auch nur die deutschen bzw. die eine britische Figur gewesen zu sein, um ihnen eine Backgroundstory zu verpassen. Die eine wichtige syrische Frauenfigur bleibt unglaublich blass.

Der Schreibtstil ist zwar flüssig und man ist schnell durch das Buch durch, hat aber trotzdem das Gefühl sich durchkämpfen zu müssen. Dies liegt einerseits an der nervigen Angewohnheit der Autorin im Fließtext jede Person mit einem Artikel vor dem Vornamen zu versehen und sie damit zu verkindlichen (obwohl es sich hauptsächlich um Frauen um die 70 Jahre handelt), zum anderen aber auch an der zu gewollt hintergründigen Sprache und Doppelbödigkeit, die nicht erstklassig ist: "Ob man die Liliane so etwas fragen konnte, war allerdings die viel fraglichere Frage."

Insgesamt stellt das Buch für mich eine Enttäuschung dar. Ich hatte viel erwartet und habe nur wenig bekommen. Grundsätzlich hat die Autorin sinnvolle Ideen dazu gesammelt, wie jeder einzelne die Gesellschaft ein bisschen besser machen kann. Das erkenne ich an. Leider wirkt das ganze Buch viel zu überladen und dadurch auch ab einem bestimmten Punkt nicht mehr glaubwürdig, um die Botschaften noch wirklich ernst nehmen zu können. Hier passt zu viel zu gut zusammen und wird am Ende doch alles wieder fallengelassen, ohne wirklich etwas auszuerzählen. Ein rundgelutschter Salzstein, ohne echte Ecken und Kanten. P.S. Das Cover find ich gut.