Rezension

Wie eine 'Offene Küche' das Miteinander in einem Dorf verändert

Bergsalz -

Bergsalz
von Karin Kalisa

Bewertet mit 4 Sternen

Positive mitmenschliche Veränderungen in einem Dorf, mehr Miteinander – etwas zu viele Themen angerissen und wieder fallengelassen

Das Buch lässt mich etwas zwiegespalten zurück, einerseits mit einem guten, warmen Gefühl und vielen Gedanken, andererseits scheint mir die Autorin ein wenig vom Thema abgekommen zu sein. Zumindest empfinden auch andere LeserInnen es so, dass etwas fehlt und an anderen Stellen etwas zu viel ist. Ich will versuchen, das näher zu erklären.

In einem Dorf im Allgäuer Alpenvorland lebt jeder vor sich, alleine, wie das heute so ist, auch die verwitweten und alleinstehenden Frauen in ihren großen Häusern. Gekocht wird noch 'wie früher', aber jeder isst und ist für sich. Das ändert sich, als es bei der patenten Franzi zur Mittagsessenszeit klingelt und sie die Nachbarin einlädt. Daraus entwickelt sich die Idee einer 'offenen Küche'.

Was das alles mit dem Dorf macht, wie sich Gemeinschaftsgefühl und Infrastruktur verbessern, kommt vor, aber mir als Leser nicht ausführlich genug. Alles wird nur kurz angerissen und dann wieder fallengelassen: die Einbeziehung von Flüchtlingen, die alten Männer, die doch wieder im Dorf leben statt im Heim, die Schwierigkeiten, die bei so einem Projekt auftreten, nicht zuletzt Konflikte der Menschen untereinander.

Statt dessen werden Szenen ausgewalzt, die man eventuell hätte kürzen oder ganz weglassen können, um dem Hauptthema mehr Raum zu geben. Ich hätte gerne mehr von den positiven Veränderungen im Dorf gelesen, aber auch von den Konflikten, die unweigerlich entstehen müssen und wie man mit ihnen umgehen könnte.

Dazu kommen noch zwei patente, liebenswerte, zupackende Frauen, die viel gemeinsam haben und von denen man gerne mehr gelesen hätte: Esma aus Syrien, die als Flüchtling im Dorf lebt und Franzi, die Planerin und Denkerin 'mit den zwei Köpfen', die Ausgangspunkt und Motor der Veränderungen ist. - Mir gefallen einige zwischenmenschliche Szenen sehr gut, in denen die Autorin es vorzüglich versteht, dem Leser etwas 'zwischen den Zeilen' zu vermitteln. Überhaupt liefert dieses Buch viele Denkanstöße und wirft Fragen zum Miteinander der Menschen auf. Gesellschaftskritisches wird nur kurz angerissen und nicht weiter verfolgt.

Bis auf einen Kritikpunkt hat mir auch die bildhaft-poetische Sprache sehr gut gefallen, z.B. 'die Wolkenfische, die der Föhn so schön glatt geschliffen hat' (9). Ein kleiner Wermutstropfen ist die häufige Verwendung des Füllwortes 'halt' :-( Mich stört es, aber andere merken es nicht und so habe ich versucht, es auszublenden und mich auf das reichlich vorhandene Schöne zu konzentrieren.

Fazit: über die nicht so gelungene Konstruktion des Buches kann ich hinwegsehen und habe mich an den warmen mitmenschlichen Szenen erfreut und an den Denkanstößen über das Miteinander in der heutigen Zeit. Wer ruhige Bücher ohne Action mag, dem könnte dieses Buch so gut gefallen wie mir.