Rezension

Eher für eine weibliche Leserschaft?!

Der Klang der Lüge - Liv Winterberg

Der Klang der Lüge
von Liv Winterberg

Bewertet mit 2.5 Sternen

Inhalt:

Wir schreiben das Jahr 1308. Alissende, eine junge Frau, die aus Paris vertrieben wurde und schon seit über einem Jahr auf der Flucht ist, findet endlich einen Ort der Ruhe und Geborgenheit: Die Bewohner des Pyrenäendorfes Sériol nehmen Alissende gastfreundlich auf, sie findet eine Anstellung als Magd und hat endlich wieder ein Dach über dem Kopf und einen vollen Magen! Sie freundet sich schnell mit einigen jungen Frauen aus dem Dorf an und auch ein gewisser Hirte namens Simon scheint romantische Gefühle für Alissende zu entwickeln. Doch so idyllisch, wie das Dorf auf den ersten Blick erscheint, geht es in Sériol nicht zu, leben dort doch viele der von der katholischen Kirche als Ketzer gebrandtmarkte Katharer - Angehörige einer Glaubensgemeinschaft, die die Dogmen der Kirche ablehnt und eigene Priester ausbildet. Alissende gerät immer tiefer in ein Netz aus Misstrauen, Anschuldigungen und Verleumdungen. Auch der Bischof aus Pamiers hat einen kritischen Blick auf das Dorf und seine Bewohner. Bald schon lässt der Bischof die ersten Ketzer vorladen, u.a. auch Simon ...

Meinung:

Ich hatte mich sehr auf das Buch gefreut, klang der Klappentext doch wirklich vielversprechend. Erhofft hatte ich mir einen historischen Roman, der auf das Leben und den Glauben der Katharer eingeht, in dem es um das Ringen zwischen Wahrheit und Lüge geht. bekommen habe ich allerdings einen sehr gefühlsbetonten Roman, in dem viel gelacht und geweint wird und in dem es letztlich um die Beziehung zwischen Alissende und den Dorfbewohnern im Allgemeinen und Alissende und Simon im Besonderen geht.

Für mich hat der Roman aus mehreren Gründen einfach nicht gezündet. Zum einen lag dies daran, dass ich zu keinem Zeitpunkt wirklich das Gefühl hatte, einen historischen Kontext vor mir zu haben. Die Geschichte hätte auch in einem griechischen Bergdorf im Jahre 1924 oder in einem kleinen Dorf irgendwo in Brasilien spielen können. Die Verankerung in einem konkreten historischen Setting war mir zu schwach - da helfen auch keine Hinweise auf die Vertreibung der Juden im 14. Jahrhundert oder auf die kirchliche Inquisition. Wahrscheinlich bot das Dorf als Bühne einen zu isolierten Ausschnitt.

Die Konzentration auf ein einzelnes Dorf hätte aber auch Chancen bieten können, sozusagen für ein intensives Kammerspiel. Doch die Autorin konzentrierte sich für meinen Geschmack zu sehr auf das alltägliche Dorfleben, die Tätigkeiten, das idyllische Miteinander und vor allem - die Gefühle. Leider passierte zwischen den Buchdeckeln zu wenig, um mich fesseln zu können, streckenweise plätscherte die Handlung vor sich hin, oftmals wurden belanglose Szenen geschildert. Da wird spazieren gegangen, Brot gebacken, Wäsche gewaschen, die Kinder werden versorgt und und und. was leider kaum thematisiert wird, ist das Leben der Katharer. Nur gelegentlich werden Informationen dazu eingestreut, der Glaube und das sehr asketische Leben der Katharer nur gestreift. Sehr schade.

Zu guter Letzt bin ich mit den Charakteren nicht richtig warm geworden. Alissende ist mir zu lieb und naiv, sie hat keine Ecken und Kanten, genausowenig wie die übrigen Figuren. Die Kinder gingen mir zunehmend auf den Geist, sie waren oft altklug und viel zu brav. Hinzu kommt, dass für meinen Geschmack die Sprache zu modern war. Da ist oftmals von Alissendes "Freundinnen" die Rede, besonders in den Dialogen ist mir eine anachronistische Sprache unangenehm aufgefallen.

Fazit:

Leider hat mich dieser Roman von Liv Winterberg nicht in vergangene Zeiten entführen können. Zu beliebig war das Setting, zu modern die Sprache, zu oberflächlich die Charaktere - und vor allem: zu gefühlslastig bist hin zu Idylle und heiler Welt (trotz Inquisition, und das will etwas heißen!). Alle halten zusammen, alles wird gut ... ich brauche einfach mehr Reibung und gebrochene Figuren.

2,5 von 5 Sternen.