Rezension

Gelungener historischer Roman

Der Klang der Lüge - Liv Winterberg

Der Klang der Lüge
von Liv Winterberg

Bewertet mit 4 Sternen

Die Katholikin Alissende flüchtet mit den Söhnen ihrer jüdischen Arbeitgeber aus Paris. In dem Pyrenäendorf Sériol finden die drei, nach einem äußerst anstrengendem Marsch, eine neue Heimat. Die Dorfbewohner nehmen sie unvoreingenommen in ihrer Mitte auf und versorgen sie mit dem Nötigsten. Alissende findet eine Anstellung als Magd und fühlt sich in der neuen Umgebung schnell heimisch. Doch bald stellt sich heraus, dass fast alle Bewohner des Dorfs  der Religionsgemeinschaft der Katharer angehören. Alissende ist der Glaube der Menschen nicht wichtig, denn sie beurteilt ihre neue Heimat nach anderen Gesichtspunkten. Dem zuständigen Bischof ist der ketzerische Glaube der Dorfbewohner allerdings ein Dorn im Auge. Er beschließt deshalb, mit aller Härte gegen den Irrglauben anzugehen. Und schon bald beherrschen Angst und Misstrauen das Dorfleben....

Der Einstieg in den historischen Roman gelingt mühelos, da Liv Winterberg die Protagonisten und Handlungsorte so lebendig beschreibt, dass man sie beim Lesen regelrecht vor Augen hat. Dadurch kann man ganz in die Handlung eintauchen und das Geschehen auf sich wirken lassen.

Das Dorfleben wirkt intakt und die Bewohner scheinen gut miteinander auszukommen. Die Atmosphäre ist zunächst sehr locker, sodass man sich nicht wundert, dass die Hauptprotagonistin Alissende sich dort schnell heimisch fühlt. Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Im Zentrum der Handlung steht Alissende und das Leben im Dorf. Man erhält allerdings auch Einblicke in die Vorgänge am Bischofssitz. Als der Bischof die ersten Bewohner zur Befragung einbestellt, merkt man schnell, wie die Atmosphäre im Ort umschlägt. Freunde und Nachbarn misstrauen sich plötzlich und sind nur noch auf den eigenen Vorteil bedacht. Da man sich mittlerweile beim Lesen selbst schon ein wenig im Dorf eingelebt hat, kann man den Umschwung sehr gut nachvollziehen.

Liv Winterbergs Schreibstil ist flüssig und angenehm lesbar. Dadurch fliegt man förmlich über die Seiten und stellt sich beim Lesen stets die Frage, wie das wohl alles enden mag. Die Hauptprotagonistin Allisende wirkt sehr sympathisch, sodass man ihr Schicksal interessiert verfolgt. Allisende findet in dem Ort nicht nur eine neue Heimat, sondern auch einen Mann, den sie von Herzen liebt. Dieser Handlungsstrang nimmt allerdings nicht zuviel Raum ein. Eine allzu romantische Liebesgeschichte braucht man hier nicht zu befürchten.

Ich habe mich beim Lesen dieses historischen Romans gut unterhalten und konnte ganz in die Welt des kleinen Dorfes eintauchen. Im Mittelteil hatte ich leider hin und wieder das Gefühl, dass die Handlung etwas auf der Stelle tritt und dass es nicht recht voran geht. Im letzten Teil steigt die Spannung dann allerdings wieder an. Ein Personenregister, ein Glossar und ein interessantes Nachwort zum historischen Hintergrund der Romanhandlung runden das gelungene Leseerlebnis ab.