Rezension

Ein faszinierendes Buch, das einen lange nicht mehr los lässt!

Half Bad - Sally Green

Half Bad
von Sally Green

Bewertet mit 5 Sternen

Stell dir vor, deine Mutter hätte sich nach deiner Geburt umgebracht.
Stell dir vor, manche gäben dir die Schuld daran. Von klein auf.
Stell dir vor, du würdest einer Gesellschaft angehören, die größtenteils unentdeckt blieb. Als Hexer unter Fains.
Stell dir vor, dein Vater wäre der mächtigste dunkle Hexer und du hättest ihn noch nie gesehen.
Stell dir vor, alle sähen nur das Böse in dir, würden dich quälen und jagen.
Stell dir vor, du solltest deinen eigenen Vater töten.
Stell dir vor, du würdest in einem Käfig gefangen gehalten.
Stell dir vor, du müsstest dich immer verstecken.
Stell dir vor, deine letzte Chance wäre eine Schwarze Hexe, die Jungen isst.

Nathan Bryn ist ein Halfcode. Seine Mutter war eine weiße Hexe namens Cara Bryn, sein Vater, Marcus, wird für den mächtigsten und brutalsten schwarzen Hexer gehalten. Gejagt. Nathan hat das Aussehen von seinem Vater: Die schwarzen Augen, die dunklen Haare, die olivfarbene Haut. Alle sehen nur das Böse in ihm, sehen das, was er von seinem Vater hat.
In der Gesellschaft der Hexen werden die Mitglieder in verschiedene Kategorien eingeteilt, so gibt es die Weißen Hexen, die Schwarzen Hexen, die Halfcodes, die weder Weiß noch Schwarz sind, und die Halfbloods, deren eines Elternteil eine Hexe, bzw. ein Hexer, ist, während das andere Elternteil den Fains, den Nichthexen, angehört.
Die Weißen Hexen werden als die Guten gehandhabt, somit sitzen auch nur sie in dem Hexenrat. Die Schwarzen Hexen und Hexer werden gequält und dann getötet. Selbstverständlich von den guten Weißen Hexen. Die Halfbloods werden ebenfalls verachtet und nicht anerkannt.
Schon sehr früh leidet Nathan darunter, ein Halfcode zu sein. Nur ein paar Verwandte halten zu ihm, während er von den jugendlichen Weißen Hexen an seiner Schule nur als der Abschaum betrachtet wird, der gefoltert oder ganz ausgelöscht gehört.
Der Hexenrat bestimmt Nathans Leben. So erhält er regelmäßig Benachichtigungen des Rates, die neue Regeln und Einschränkungen beinhalten. Demnach darf er sich zum Beispiel nirgendwo ohne die Erlaubnis des Hexenrates aufhalten, er darf keinen Kontakt zu Weißen Hexen und Hexern halten, was ihm besonders schwer fällt. Denn Annalise ist eine weiße Hexe. Sie scheint ihn zu verstehen, sieht das Gute in ihm. Doch hat diese Liebe keine Chance..
Alle Hexen und Hexer müssen durch den Hexenrat kodifiziert werden, was heißt, dass bestimmt werden muss, ob sie eine Schwarze Hexe, ein Schwarzer Hexer, eine weiße Hexe, ein Weißer Hexer, oder ein Halfblood sind.
Erst einmal als solche gekenntzeichnet werden die Schwarzen Hexen und Hexer nach Tagen der Folter, wenn sie vollkommen am Ende sind und sich nichts sehnlicher als die Erlösung von diesen Qualen wünschen, getötet. Der Tag der Festlegung rückt immer näher. Für Nathan eine womöglich tötliche Deadline.
Doch Nathan selbst sieht sich nicht als böse. Schließlich liegt der Grund dafür, dass er sich manchmal nicht beherrschen kann darin, dass er verletzt, beschimpft, gequält und ausgestoßen wird. Er muss sich doch wehren dürfen.
Aber selbst verständlich darf er das nicht. Schließlich fließt auch das Blut seines Vaters in ihm.
Nathans Leben wird durch den Hass der anderen auf ihn geprägt.
Und schon früh bekommt er zu spüren, was (für eine mögliche Gefahr) ein Halfcode dem Hexenrat bedeutet. Denn schon mit 14 Jahren wird er gefesselt in einen Käfig gesperrt und muss täglich kämpfen, bis zu seinem Limit und darüber hinaus gehen...
Doch scheint er dem Hexenrat auch von Nutzen zu sein, denn eine Prophezeiung besagt, Nathan würde mit dem mächtigen Schwert Fairborn seinen Vater töten. Für Nathan ist es also eindeutig, dass er fliehen muss, da er niemanden, besonders nicht seinen Vater, töten könnte, da er glaubt, dass auch Marcus von den Weißen Hexen lediglich nicht richtig verstanden wird.

Aber Nathan muss auch gegen seinen eigenen Körper kämpfen, denn auch wenn sein Geist der eines Weißen Hexers zu sein scheint, ist sein Körper eher der eines Schwarzen Hexers. Nathan kann demnach Wunden sehr schnell heilen, sogar für Hexenverhältnisse, er kann nachts nicht in Räumen schlafen, da er sonst krank und verrückt wird; er braucht die Freiheit der Natur.

Ein weiteres Problem: Eine Hexe oder ein Hexer stirbt, wenn er an seinem 17. Geburtstag keine Gaben von Verwandten erhält. Seine Mutter- tot. Sein Vater- ohne sichtbares Intresse für ihn.
Die einzige, die ihm helfen kann: Die jungenessende Schwarze Hexe Mercury.
Doch ist es ein weiter, beschwerlicher Weg zu ihr, dessen Bewerkstelligung mehr als fraglich ist.

"Half Bad" ist ein wirklich ausgesprochen spannendes, durchdachtes und packendes Buch! Schon von der ersten Seite an fühlte ich mich in die Geschichte gezogen, denn die Atmosphäre, die Ängste, die Qualen, die Wünsche von Nathan sind in diesem Buch wunderbar eingefangen. Der tolle Schreibstil Sally Greens lässt den Leser so nah wie es nur eben geht an Nathan heran, sodass man mit ihm fühlt und ihn versteht.
Es ist auch faszinierend, wie sich Nathan im Laufe der Jahre weiterentwickelt und beeindruckend, Veränderungen zu bemerken und die Auswirkungen von Gewalt und Diskriminierung auf ihn beobachten zu können. So ist Nathan zum Beispiel manchmal der absolute Antiheld.
Einige Szenen riefen bei mir als Leser eine enorme Wut auf die Weißen Hexen hervor, da sich im Verlaufe des Buches immer häufiger die Frage stellt, ob denn wirklich die von den Weißen Hexen gejagten Schwarzen Hexen die Bösen sind, oder nicht die Weißen Hexen das wahre Übel sind.
Schließlich haben sie ganze Abteilungen in ihrem Hexenrat, die sich mit der Folter und Tötung Schwarzer Hexen beschäftigt, Berufe wie die der Jäger, die Schwarze Hexen aufspüren sollen. Außerdem scheinen sie sich über alle anderen zu stellen, sich für etwas deutlich Besseres zu halten und nutzen ihre Machtposition gehörig aus.
Da das Buch aus Nathans Sicht geschrieben worden ist, ist man nicht nur sehr nah an seinen Gedanken und Gefühlen, sondern ist zu Beginn des Buches genauso unwissend wie er und erfährt erst nach und nach, weswegen sich wer wie verhält.
Auch wirft dieses Buch die Frage auf, wie viel Böses in einem selber steckt, wie viel Böses normal ist und was einen überhaupt böse macht.
Ich bin auch ganz begeistert von der so real wirkenden Welt, die die Autorin in diesem Buch aufgebaut hat, da diese in sich sehr schlüssig ist und einen so wie sie beschrieben wurde, selbst umgeben zu können scheint.
Die Sprache ist sehr gut verständlich, auch die von der Autorin erfundenen Wörter stellen keine große Herausforderung dar.

Ich kann dieses Buch wirklich sehr weiter empfehlen, da es nicht nur spannend und packend ist, sondern einen lange nicht mehr los lässt, zum Nachdenken anregt und einen beim Lesen in eine magische Welt entführt. Auch für jemanden, der schon länger kein englisches Buch mehr gelesen hat, oder sich das erste mal an einem versuchen möchte, sollte dieses Buch dringend lesen!