Rezension

Glanz und Elend, Liebe und Neid, Verrat und Versöhnung

Das Haus der schönen Dinge - Heidi Rehn

Das Haus der schönen Dinge
von Heidi Rehn

Bewertet mit 5 Sternen

  Vom Tuchhändler in München zum erfolgreichsten Unternehmer seiner Zeit. Eine packende Geschichte um Glanz und Elend einer Kaufhausdynastie. Einzigartiger Schauplatz dieses verführerischen Romans ist die elegante und schillernde Welt eines Münchner Kaufhauses aus dem 19. Jahrhundert. 1897 scheint die ganze Welt von einem Taumel ergriffen. Zwischen Berlin und München, Monte Carlo und Paris herrscht ausgelassene Aufbruchstimmung. Niemand ahnt, wie nah am Abgrund man sich in Wahrheit befindet. Jacob Hirschvogl hat nur einen Traum: Er, Sohn eines Tuchhändlers, will in seiner Stadt ein Kaufhaus errichten, das es an Glanz und Opulenz mit den großen Warenhäusern in London und Paris aufnehmen kann. Doch wird es ihm gelingen, einen Förderer für dieses kühne Projekt zu finden? Und was wird Nathan dazu sagen, in dessen schöne Tochter Thea er schon lange verliebt ist? Seinen eigenen Vater jedenfalls muss er erst einmal vom Erfolg der „neumodischen Idee“ überzeugen …Als er zum Königlich Bayerischen Hoflieferanten ernannt wird, glaubt er sich und seine Familie als gleichwertige Mitglieder der Münchner Gesellschaft anerkannt. Das von ihm begründete Kaufhaus Hirschvogl am Rindermarkt bedeutet für ihn die Verwirklichung eines Lebenstraums. In den 'Goldenen Zwanzigern' folgt ihm Tochter Lily mit ebenso großer Begeisterung in der Leitung des Hauses nach – zunächst mit Erfolg, doch dann muss sie erleben, wie sich ihre Heimat ­Anfang der 30er Jahre plötzlich gegen sie wendet... In der Zeit des Nationalsozialismus wurden diese Geschäfte in den Innenstädten ausgelöscht, wie alles, was jüdischen Ursprungs war oder sich in jüdischem Besitz befand oder auch nur im Entferntesten in einen jüdischen Zusammenhang gebracht werden konnte. Damit wurde weitaus mehr verloren als 'nur' Kauf - und Warenhäuser. Letztlich ist es ein Teil Kultur, der für immer fehlt. Auch davon erzählt der Roman. Die schleichende Bedrohung ihres Lebens wird für die jüdische Familie Hirschvogl zur schrecklichen Normalität. Mit feinem Empfinden für geschichtliche Details schildert Heidi Rehn dieses Jahrzehnt und es gelingt ihr eine berührende Synthese zwischen Literatur und Geschichte. Sie beschreibt ein Familienschicksal, ohne Bitterkeit und mit einer tiefen Menschlichkeit, die zu Herzen geht. Beinahe 100 Jahre und drei Generationen umfasst die Geschichte einer jüdischen Kaufmannsfamilie, die die Autorin Heidi Rehn packend und voller Emotionen auf 638 Seiten erzählt, vom glanzvollen Aufstieg über ruhmreiche Zeiten bis hin zum tiefen Fall. Und auch der Ironie als dem charakteristischen Merkmal Rehn'scher Erzählkunst bedient sich die Autorin meisterhaft. Der Erzählton und die dargestellte Realität - eine Geschichte von Verfall und Untergang - stehen im Kontrast zueinander, doch gerade der Distanz der Autorin zu den Personen verdankt der Roman seine Leichtigkeit. Mit viel Liebe zum Detail geschrieben und historisch hervorragend recherchiert. Es startet wie ein typischer Familienroman. Doch dann zerstört der erste Weltkrieg alles Bekannte und jeder muss seine Rolle in der Welt neu finden. Dieser Roman macht Lust auf Spurensuche zu gehen. Wer gerne mit Romanfiguren in diese Zeit eintauchen mag, für den sind die Romane von Heidi Rehn gerade richtig. Spannend und einfach wunderbar geschrieben, voller Dramatik bleibt man bis zur letzten Seite dabei. Heidi Rehn ist es wieder gelungen eine packende Geschichte zu schreiben über starke Frauen, in einer Zeit, in der dies nicht selbstverständlich war. Illusionen, Hoffnungen, ein starkes begeisterndes sehr atmosphärisches Buch..