Rezension

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Schöne Geschichte bei schwachen Charakteren

Jamaica Lane - Heimliche Liebe - Samantha Young

Jamaica Lane - Heimliche Liebe
von Samantha Young

Bewertet mit 3.5 Sternen

Gedanken vorher

Samantha Young hatte mich mit “Into the Deep” [Jamaica Lane, Samantha Young]  schon sehr beeindruckt. Da war es keine Frage, ob ich versuchen würde bei vorablesen.de einen weitere Roman von ihr zu gewinnen.

“Jamaica Lane” ist der dritte Roman einer Reihe um einen Freundeskreis, bei dem je ein Buch einer der Freundinnen und ihrem persönlichen Liebesglück gewidmet ist.

Gedanken dabei

Hier geht es nun um Olivia und Nate. Olivia ist eine Bibliothekarin von Mitte zwanzig, die in den Vereinigten Staaten bei ihrer Mutter aufgewachsen ist, bis diese an Krebs starb. Einige Jahre später zieht sie mit ihrem Vater in seine Heimat, nach Schottland – dort freundet sie sich allmählich mit ihrer Halbschwester und deren Freundeskreis an. Da Olivia durch die Krankheit ihrer Mutter aber nie Gelegenheit hatte, sich wie ein “normaler” Teenager um die erste Liebe und sexuelle Erfahrungen Gedanken zu machen, ist sie mit ihren Mitte Zwanzig theoretisch noch Jungfrau – auch wenn sie dem praktisch schon Abhilfe geschaffen hat. Nun ist sie also die typische verklemmte und komplexbeladene Bibliothekarin in Edinburgh.

Nate hingegen ist der Frauenheld schlechthin. Egal wo er ist, er staubt mindestens die Nummer der nächstbesten Schönheit ab, wenn nicht sogar direkt DAS Nümmerchen. Natürlich sieht er unglaublich gut aus, hat das Selbstbewusstsein der halben Bevölkerung und – was viel wichtiger ist – eine wunderbare Entschuldigung zu sein, wie er ist: eine tragische Vergangenheit. Er ist nämlich kein Ar***, der keine Gefühle hat und einfach alles nimmt, was nicht bei drei auf’m Baum ist – sondern! Er hat schon einmal geliebt! Damals, mit achtzehn, hatte er die große Liebe seines Lebens schon gefunden, diese stirbt leider an Krebs und er hat sich geschworen, diese Liebe nie zu vergessen. Deswegen ist die wahre Liebe für ihn kein Thema mehr, und sowieso kommt keine Frau an dieses engelsgleiche Phantom ran.

Soviel muss man wissen über die beiden Protagonisten – auch wenn es immer mal wieder wiederholt wird und man es gar nicht vergessen kann.

Anfangs (ohne dieses ganze Hintergrundwissen) hat die Geschichte richtig Spaß gemacht. Liv und Nate haben eine Chemie, die nicht zu übersehen ist und man fiebert jedem gemeinsamen Augenblick entgegen. Wenn man jedoch so weit ist, dass die Geschichte sich entwickelt, wird es zum einen etwas unglaubwürdig und zum anderen leicht nervig. Olivia mag vielleicht ihre Gründe haben, wieso sie ihr Äußeres nicht mag (das ist bei den wenigsten Frauen unproblematisch), aber irgendwann, vor allem wenn ein Klasse-Typ wie Nate darauf beharrt, wie super sie aussieht und wie sexy sie ist, sollte man diese Beklemmungen ablegen können – oder zumindest nicht mehr ansprechen. Sowieso wirkt ihre Beschreibung nicht so, als hätte sie auch nur den kleinsten Grund sich zu beschweren. Ganz im Gegenteil, wenn sie von ihren “Schwabbelarmen und -bauch, fettem Hintern” und wasweißichnichtnoch spricht, wirkt es eher höhnisch, komplimentheischend, unecht. Sprich, sie ist in der Hinsicht nicht besonders glaubwürdig.

Nate mit seinem selbstgefälligem Gehabe ist auch nicht besser. Anfangs wirkt es noch attraktiv, wenn er sich wie der Bad Boy verhält, aber liebevoll mit seinen Freunden umgeht. Doch sobald Liv oder einer der anderen Freunde ihn auf etwas unangenehmes ansprechen, reagiert er wie ein trotziges Kind. Er hat zwar seine Gründe, spricht aber nicht darüber. D.h. Olivia kennt sein großes Geheimnis, aber sie ist neben seinem besten Freund auch die Einzige. Und sobald er auf verletzlicher Junge macht, der eine traumatische Liebe vorschieben kann, ist alles vergeben und vergessen und er kann sich wieder alles rausnehmen, was Bad Boys eigentlich ohne Entschuldigung machen dürfen. Sein Charakter ist etwas zwiespältig angelegt, was seine Attraktivität auch schmälert – in meinen Augen. Olivia ist begeistert.

Gedanken danach

Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig zu lesen, auch wenn zwischendurch einige sehr konstruierte Szenen auffallen. Das liegt aber daran, dass man durch die übertriebene, fast karikative Charakterdarstellung, nicht so tief in die Geschichte kommt, wie man es üblicherweise kann. Schlimmer sind da so logische Ungenauigkeiten oder unrealistische Darstellungen.

Trotzdem bleibt der Gesamteindruck relativ gut. Wahrscheinlich mag ich solcherart Geschichten einfach, wo es hauptsächlich um die Spannung und die Chemie zwischen den Protagonisten geht. Großartige Dramatik oder sich dahinter verbergende Story sind da eher nebensächlich.

Wenn man also eine noch jugendliche Liebesgeschichte will, ohne groß nachdenken zu müssen, mit einem guten Schuss Erotik und heile Welt ist hiermit gut bedient. Alle anderen werden wahrscheinlich wenig Freude damit haben.