Rezension

Schwacher Auftakt

Furien-Trilogie 01. Im Herzen die Rache - Elizabeth Miles

Furien-Trilogie 01. Im Herzen die Rache
von Elizabeth Miles

Der Winter ist über die Ascension hereingebrochen und mit ihm tauchen drei mysteriöse Mädchen in der Kleinstadt in Maine auf, mit deren Erscheinen schon bald deutlich wird, dass der friedliche Schein trügt. Und sie wollen nur eines: Die Bewohner von Ascension für ihre Taten büßen lassen. Ihre Wahl fällt dabei auf Em und Chase. Em hat ein Geheimnis: Schon seit längerem ist sie in den Freund ihrer besten Freundin Gabby verliebt und er scheint ihre Zuneigung endlich zu erwidern. Auch Chase trägt sich mit einem Geheimnis. Sein Status als beliebter Quarterback in der Schule verlangt es von ihm, seine Lebenssituation in armen Verhältnissen zu verschweigen. Doch ihn verfolgt noch etwas ganz anderes, denn er hat etwas Schreckliches getan. Etwas, das der makellose Junge, der er vorgibt zu sein, niemals tun würde. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es ans Licht kommen wird und Chase und Em lernen werden, dass sie Dinge in Bewegung gesetzt haben, die sie nicht mehr aufhalten können. Denn Reue ist manchmal nicht genug.

Schon das Cover dieses Buchs hat mich sofort in seinen Bann gezogen: Das Mädchen, das unbeschwert Tee trinkt und dahinter die bröckelnde Fassade. Dieses Bild fängt das Thema der Geschichte sehr gut ein und wird auch im Buch gut umgesetzt, doch das Cover zeigt bereits, dass der äußere Schein trügen kann und dass man ein Buch nicht nach seinem Cover beurteilen sollte, denn die Geschichte kann leider nicht halten, was der Klappentext verspricht.
Das Buch ist in Akte untergliedert wie ein Theaterstück, das von den geheimnisvollen Mädchen in Ascension inszeniert wird. Von der ersten Seite an wird der Leser gefesselt, in die Handlung hinein gezogen und erhält kaum Gelegenheit, Atem zu holen. Doch genau so schnell, wie die Spannung aufgebaut wird, so schnell lässt sie auch wieder nach. Schon im ersten Akt treten unsere Rachegöttinnen in Erscheinung und dem Leser ist von Anfang an klar, dass sie nichts Gutes im Sinn haben. Auch an anderen Stellen entscheidet sich die Autorin dazu, die Leser nicht lange im Ungewissen zu lassen und hält zu schnell Auflösungen bereit, die den Spannungsfaktor minimieren. Es gibt immer wieder Andeutungen, kleine Momente, in denen man den Atem anhält, nur um ihn dann wieder frustriert auszustoßen, weil es der Autorin nicht gelingt, die geschaffene Spannung weiter auszubauen und zu halten. Die Andeutungen von Gruselmomenten und Spannung, die sie in ihre Geschichte eingebaut hat, reichen leider nicht aus, um eine wirklich düstere Atmosphäre zu schaffen, die sich auch durchweg durch das Buch zieht und den Leser in Atem hält.

Man muss sich natürlich vor Augen halten, dass das Buch immer noch ein Jugendbuch ist. Daher ist es auch recht einfach geschrieben, was ich jedoch als sehr angenehm empfand, denn die Seiten flogen quasi nur so dahin. Einzig Miles' nervige Angewohnheit, irgendwelche unnützen Informationen in Klammern einzubringen, zum Beispiel wie Em und JD ihren Kaffee trinken, hat mich im Lesefluss immer mal wieder unterbrochen. Miles ist es dennoch gelungen, den Leser schnell in die Handlung reinzuziehen, vor allem durch die tolle Beschreibung der winterlichen Landschaft Ascensions. Auch an anderen Stellen beweist die Autorin ihr Geschick, bestimmte Stimmungen richtig einzufangen, zum Beispiel das Verhalten der Jugendlichen, die die Protagonisten ihres Romans darstellen. Das Verhalten der Jugendlichen mag zwar hin und wieder zu einem Kopfschütteln meinerseits geführt haben, trotzdem sind die Reaktionen der Teenager, beispielsweise auf den Selbstmord, der die Kleinstadt schon bald erschüttert, oder das Thema Mobbing, sehr gut getroffen und umgesetzt.

Die Geschichte um Em und Chase ist aus unterschiedlichen Sichtweisen der Charaktere geschildert, was es eigentlich leichter machen sollte, sich in die jeweiligen Charaktere hineinzuversetzen. Leider gelingt es Miles nicht, ihre Protagonisten wirklich sympathisch zu gestalten oder auch nur Verständnis für sie herzustellen. Em ist zwar jung und verliebt und kann durch ihre rosarote Brille nicht mehr richtig von falsch unterscheiden, trotzdem war sie sich ihrer Tat vollauf bewusst, glaubte sogar, dass Gabby ihr schon verzeihen würde, wenn nur ein wenig Zeit vergangen wäre. Auch Chase scheint in seiner Verliebtheit nicht zu merken, wie sehr er von seiner neuen geheimnisvollen Freundin an der Nase herumgeführt wird und kommt nicht einmal auf die Idee zu hinterfragen, wer ihm ständig diese Streiche spielt, die sein perfekt aufgebautes Leben so auf den Kopf stellen. Diese Naivität macht die Charaktere eher unsympathisch und sie sind trotz Miles' ausführlichen Beschreibungen sehr blass, was es schwer macht, eine wirkliche Bindung zu ihnen aufzubauen. Der Leser ist viel mehr teilnahmsloser Zuschauer als vom Geschehen gepackt.

Nach Vampiren, Gestaltwandlern, Engeln und anderen Kreaturen war es erfrischend, einmal etwas anderes präsentiert zu bekommen in Gestalt der Furien, die in Ascension auftauchen und die Jugendlichen für ihre Taten büßen lassen wollen. Der Mythologiefaktor, den Miles in ihre Geschichte eingewoben hat, ist ein großes Plus, leider fällt die Rache der Furien eher wie die eines x-beliebigen gekränkten Teenagers aus, der sich mit irgendwelchen Fotoaktionen rächen will und nicht so, wie man es von richtigen Rachegöttinnen erwarten würde. Dadurch wirkt die Geschichte mehr wie eine typische High School Story als wie ein Jugendthriller mit Fantasyelementen.
Die Geschichte um Emily und Chase beleuchtet die Abgründe der Leute und führt vor Augen, dass jeder irgendwelche Geheimnisse hat und schon mal einen Fehler gemacht hat. Dabei wird jedoch die Frage nach gerechtfertigter Rache aufgeworfen. Ist es nicht normal, Fehler zu machen? Muss man solche direkt bestrafen und Gleiches mit Gleichem vergelten wie es in dem Buch getan wird?

Im Herzen die Rache ist der leider schwache Auftakt zu einer Trilogie, die auf einer völlig neuen Idee aufbaut. Die Umsetzung dieser vermag aber leider nicht wirklich zu begeistern und kann nicht mit der düsteren Geschichte dienen, die man sich vom Klappentext versprochen hat. Wer High School Stories der etwas anderen Art mag, dem wird dieses Buch sicher gefallen, jeder, der jedoch mehr von dem Buch erwartet, dürfte bitter enttäuscht werden.