Rezension

Verständlicher Rahmen fehlt

Wir waren hier - Nana Rademacher

Wir waren hier
von Nana Rademacher

Bewertet mit 3 Sternen

"Wir waren hier" handelt von einem Berlin in ferner Zukunft. Die Bevölkerung wird von einer Militärregierung knapp gehalten und regelmäßig angegriffen, so dass sie nach und nach wegsterben. In diesen Verhältnissen wird Anna groß, die sich an die Zeit davor schon gar nicht mehr erinnern kann. Sie versucht ihren Eltern so gut es geht zu helfen, aber die Willenskraft lässt immer weiter nach, bis innerhalb weniger Tage versterben. Anna ist nun im bitterkalten Berlin auf sich alleine gestellt und auch sie droht zu sterben, doch da ist Ben, der sich ihrer aufoperungsvoll widmet. Doch er hat Geheimnisse vor Anna und bringt sich und sie in eine ungeuere Gefahr...

Dystopien sind in meinem Leserepertoire sicherlich nicht selten, aber einmal in Deutschland spielend und dazu noch mit diesem wunderschöen Cover, da gibt man dem Buch gerne mal eine Chance. Im Rückblick muss ich nun sagen, dass ich etwas skeptisch zurückbleibe und all die Gedanken, die ich während des Lesevorgangs hatte, gar nicht mehr alle reaktivieren kann, so dass ich bereits erahne, dass diese Rezension meine ganzen Gedanken gar nicht abbilden wird können.

Der erste Teil in der Blogschreibweise hat mir gut gefallen, weil es eben kein übliches Stilmittel ist und so direkt etwas Besonderes vermittelt hat. Man findet schnell in Annas Leben, ihre Gefühle und ihre Sorgen hinein. Problematisch wird es aber bereits das System, was offenbar in Berlin herrscht, nachzuvollziehen. Anna weiß über nichts Bescheid und somit auch nicht der Leser. Es werden zig Gründe (Eskalationen zwischen Staaten, Atomreaktoren, Klimawandel) genannt, die es sein könnten, aber was es letztlich war und wie genau das System fuktioniert, bleibt offen. Aber warum? Eine Frage, mit der ich mich jetzt noch quäle! Wollte die Autorin einfach kein politisches Statement abgeben, was in ihren Augen die große Gefahr für die nächsten Jahre ist? Egal warum, mir hat dies für den perfekten Einstieg in die Geschichte nicht gereicht. Nichts war klar, außer, wer Anna ist. Sind die Zustände auch in anderen Teilen Deutschlands so, was ist mit dem Ausland? Keinerlei Antworten auf viele Fragen...

Der zweite Teil ist dann normal geschrieben und hier habe ich mich doch wieder wohler gefühlt. Vor allem kam richtig Spannung auf und man hat auch Annas richtig kämpferische und mutige Seite entdecken können. Man kann sicherlich nicht leugnen, dass sich hier zahlreiche dystopische Elemente finden lassen, die man schon in anderen Jugendbüchern dieses Genres gelesen hat. Aber gleichzeitig waren diese endlich greifbar und nachvollziehbar, so dass ich es der Geschichte auch jetzt noch nicht vorwerfen kann.

Es gibt auch einige Geheimnisse, die aufgedeckt werden. Es gibt viel Gefühl, es gibt Action, die ganze Bandbreite an Gefühlen wird abgedeckt, so dass ich den zweiten Teil durchaus als gelungen einschätzen würde.

Dann folgt zum Abschluss ein sehr kurzer dritter Teil und wenn ich mich bei meinen Vorrezensenten umschaue, so bleiben auch bei ihnen Fragezeichen zurück. Man versteht die geschrieben Worte, aber die ganze Dimension, die diese für die Geschichte haben, ist nicht begreiflich. Auf Grund von Spoilergefahr verbleibe ich hierbei, aber mich lässt das Gefühl nicht los, dass ich etwas Entscheidenes verpasst haben und das beinhaltet einen bitteren Beigeschmack.

Fazit: Die unterschiedlichen Schreibstile geben der Geschichte durchaus Pep, aber ein richtiger Rahmen der Geschichte, damit man sich einfinden kann, fehlt. Anna als Protagonistin ist gelungenen und sie eignet sich gut als Protagonistin einer Dystopie. Auch die dystopischen Elemente sind gut umgesetzt (wenn auch nicht in neuer Form). Das Ende hinterlässt bei mir einige Fragezeichen. Das kann man negativ sehen, aber auch positiv, denn "Wir waren hier" wird mich gedanklich vermutlich noch etwas begleiten. 3 Sterne für Rademachers Debüt in diesem Genre!