Rezension

Weniger Thriller, mehr Familienroman

Meeresfriedhof -

Meeresfriedhof
von Aslak Nore

Die Falcks sind keine harmonische Familie. Da gibt es den Zweig um Olav Falck, der sich in Norwegen ein Imperium aufgebaut hat. Und dann gibt es da den verarmten Familienzweig in Bergen um den humanistischen Arzt Hans Falck, der fast schon ein Engel der Verfolgten in Krisengebieten, vor allem im Nahen Osten, ist. Als Vera Falck, die Großmutter, stirbt, ist das Testament nicht auffindbar. Es gibt Gerüchte, dass sie es kurz vor ihrem Tod geändert habe. Könnte sie den Bergenser Familienzweig bedacht haben? Sasha wird von ihrem Vater Olav beauftragt, das Testament zu finden. Dabei kommt ans Licht, dass Vera, eine bekannte Schriftstellerin und Überlebende eines Schiffuntergangs, Jahrzehnte zuvor ihre Memoiren geschrieben hat, die jedoch vor der Veröffentlichung vom Staatsschutz beschlagnahmt wurden. Sasha ist entschlossen, die Wahrheit herauszufinden, selbst wenn sie sich dafür gegen ihren Vater auflehnen muss ...

Dieses Buch wird als literarischer Thriller ausgewiesen. Ich bin mir nicht sicher, was das sein soll. Für mich hat das Buch etwas zu wenig Spannung, um als Thriller durchzugehen. Es ist eher ein Familienroman, der weitere Elemente enthält. Neben der Lebensgeschichte von Vera, die im Zentrum steht, spielen auch der norwegische Geheimdienst und der ein oder andere Söldner eine Rolle. Außerdem ist die Familiengeschichte eng verbunden mit dem norwegischen Widerstand im Zweiten Weltkrieg. Auch wenn es nicht die Spannung eines Thrillers hatte, war das Buch dennoch fesselnd, mit der ein oder anderen Überraschung. Es wird eine Vielzahl an Themen aufgemacht, die dennoch recht gut zusammenpassen. Neben dem historisch belegten Untergang der Prinsesse Ragnhild geht es um Kollaboration mit und Widerstand gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg, Fremdkämpfer in Syrien und Kurdistan, aber auch die unbändige Macht und den uneingeschränkten Einfluss von Reichtum. All das verwebt sich zu einem Gesamtbild, wobei die Rolle einzelner Personen noch nicht ganz durchschaubar ist und dadurch offensichtlich noch Raum bleibt für die geplanten Fortsetzungen. Mich hat das Buch gut unterhalten und mit den Figuren ließ sich mitleiden und mitfiebern. Garniert wurde das Ganze mit Naturbeschreibungen der norwegischen Küste und der Lofoten. Das Buch ist auf jeden Fall eine Empfehlung für Norwegen-Fans, aber auch für Fans von Familiengeschichten mit historischen Bezügen. Ich bin ausreichend gespannt zu erfahren, wie es mit den Falcks weitergeht, um auch den nächsten Band lesen zu wollen.