Rezension

Außergwöhnlicher Schweden-Thriller, 2. Teil

Signum -

Signum
von John Ajvide Lindqvist

Bewertet mit 5 Sternen

Kim Ribbing hat seinen früheren Peiniger, den Psychiater Martin Rudberg, entführt um zu verstehen, warum dieser, angeblich aus Forschungsgründen, Kinder und Jugendliche foltert. Seine Freundin Julia Malmros recherchiert unterdessen im rechten Milieu und legt sich dadurch mit mächtigen Gegnern an. Doch die Dinge laufen aus dem Ruder und die Situation erscheint ausweglos…

Der schwedische Schriftsteller John Ajvide Lindqvist legt nach „Refugium“ nun mit „Signum“ den zweiten Band seiner großen „Stormland“-Reihe vor, auch als „Mittsommer-Trilogie“ bekannt. In diesem Fall kann ich nur dazu raten, die Bücher in der erschienenen Reihenfolge zu lesen, da sich Handlung und Charakter immer weiter aufbauen und es eine Menge an Bezügen untereinander gibt.

Lindqvist wurde weltwelt bekannt durch seine Bücher aus dem Bereich der Horror-Literatur, und so verwundert es auch nicht, dass seine Figuren unheimlich sind und die Handlung einiges an Brutalitäten aufweist, die nichts für zartbeseitete Leser sind.

Das Setting von „Signum“ liegt in Stockholm, wo der Autor zeitlebens zuhause war, und es finden sich zahlreiche Ortsnamen wider. Grundsätzlich störten diese Details nicht; für Ortskundige sind dagegen Orte wie „Gamla Stan“ ein Begriff.

John Ajvide Lindqvist schreibt flüssig, sehr anschaulich und detailreich, mit fein dosiertem Humor und zieht seine Leser*Innen fest in seinen Bann. Darüber hinaus gelingt ihm das Kunststück, trotz mehrerer „Fälle“ in einem Buch und einiger kleiner Nebenschauplätze (genannt werden soll hier die vorsichtig beginnende Beziehung zwischen Julias Ex-Mann Jonny Munther und seiner Kollegin Moa Malmberg) niemals den Blick auf den roten Faden zu verlieren und die Spannung durchgehend zu halten. Dies ist umso bemerkenswerter, als ich oftmals bei einem „zu viel“ an Privatleben das Interesse verliere, was hier absolut nicht der Fall ist; im Gegenteil ist hier die Spannung auch außerhalb der dramatischen Entwicklung stets hoch.

Lindqvist thematisiert aktuelle Problematiken wie rechte Gesinnungen, Veganismus und (militante) Tierschützer ohne erhobenen Zeigefinger, aber dafür auch ihre Gegenpole.

Besonders hervorzuheben ist Lindqvists Ausarbeitung der Figuren. Diese sind bis hin zu den Nebenfiguren echt, lebendig und auf ihre besondere Art authentisch. Die mehrdimensionalen Charaktere entwickeln sich auch weiter und ich hatte viel Vergnügen, ihre Beschreibungen zu verfolgen. Dabei mag nicht jede einzelne Figur Sympathien erwecken, hat doch jede mehr oder weniger große Schwächen – dennoch faszinierten sie mich auf besondere Weise und ich habe ihre Handlungen gleichwohl mit größtem Interesse verfolgt, sei es der autistisch agierende Kim, die unsicher wirkende Julia, der in Liebesdingen unerfahrene Jonny und viele weitere.

Zuletzt bleibt noch zu erwähnen, dass selbst die die Computer-Angelegenheiten so beschrieben werden, dass sie auch für Laien problemlos nachvollziehbar sind.

Zusammengefasst haben mich die ersten beiden Bände der als „Bestseller aus Schweden“ bezeichneten Reihe rundum begeistert durch den klug konstruierten Plot, die besonderen Figuren und die mit scharfen Blick geschilderten Kleinigkeiten.

Eine Triggerwarnung ist aber angebracht, denn die Themen Gewalt und Folter, Kindesmissbrauch, insbesondere von Missbrauch Schutzbefohlener sowie Sex können problematisch sein. (Wobei diese nur sehr kurz erwähnt werden und wichtig für den Fortgang der Handlung sind.)

„Elysium“, der dritte Fall für Julia Malmros und Kim Ribbing aus der Spannungstrilogie „Stormland“ ist erst für den 10. Juli 2025 angekündigt – und ich warte sehnlichst darauf!