Rezension

Die Stille meiner Worte - ein tolles Jugendbuch!

Die Stille meiner Worte - Ava Reed

Die Stille meiner Worte
von Ava Reed

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:
Es geht um Hannah. Und um Izzy. Und um all die Worte die nicht ausgesprochen werden können. 
Hannah sprich nicht mehr, seit ihre Schwester Izzy verstarb. Nun soll ihr in Sankt Anna geholfen werden, einem Ort an dem jeder ein Päckchen zu tragen hat. Doch wie soll einem geholfen werden, wenn alles kaputt ist? 
So geht es auch Levi, welcher sich ebenfalls in Sankt Anna befindet. Als er Hannah trifft, setzt er alles daran mehr über sie zu erfahren und so scheint sich für beide ein Licht am Horizont aufzuzeigen. 

Rezension:
Wow. Das beschreibt das Buch voll besonders gut. Genau wie Hannah schwirren so viele Worte für diese Geschichte in meinem Kopf, aber so richtig zu Papier bringen kann ich sie nicht. Ich kann also nur versuchen meine Gedanken irgendwie geordnet zu Worte zu bringen - mal schauen wie mir das gelingen wird. 

Das Buch greift sehr komplexe und emotionale Themen auf, die aber nie ins lächerliche gezogen werden. Die Probleme all der Jugendlichen in Sankt Anna werden sensibel und vorsichtig angesprochen, ohne sie zu werten. So werden Tod, Trauer, Ängste, Traumata, Verzweiflung und Abschied thematisiert. Auch Hannah muss mit all diesen Dingen zurecht kommen und flüchtet in ein sehr realen psychischen Zustand: Mutismus. Bedeutet, Hannah spricht nicht. Sie kann es einfach nicht mehr. Als Folge ihres Traumatas, dem Verlust ihrer Schwester, kann sie sich nicht mehr in Worten ausdrücken. Nun fragt man sich bestimmt, wie man ein Buch aus der Sicht eines stummen Charakters schreiben kann, doch Ava Reed ist dies wunderbar gelungen. Hannah spricht, aber eben nur gedanklich. Dadurch hat man einen ganz anderen Einblick in Hannahs Charakter. 

Sie selbst bezeichnet sich als kaputt und dies sagt bereits viel über sie aus. Wer das Buch mit der Erwartung einer durchgehend fröhlichen Protagonistin kauft, der wird hier enttäuscht. Hannah kämpft mit vielen Dämonen und auf fast jeder Seite des Buches ist ihre Verzweiflung zu spüren. Aber das bedeutet nicht, dass die Geschichte sehr negativ wirkt, denn trotz allem besitzt sie eine Art Leichtigkeit, welches wohl auch an dem angenehmen Schreibstil liegt. Die grauen Momente  werden durch schöne Momente abgelöst - trotz allem verliert es nicht seine Ernsthaftigkeit gegenüber der vielen schwierigen Themen. 

"Mein Name ist Hannah und ich kann dir nicht antworten. Ich bin kaputt."
("Die Stille meiner Worte" - Ava Reed, S.85)                  

Hannah selbst bezeichnet all die Päckchen, all die Probleme und das ganze Leben als ein Puzzle und auch das Buch ist eine solches. Nur nach und nach werden dem Leser Informationen zugeworfen, so bleibt das Buch spannend. Man weiß lange nicht was es mit Levi auf sich hat, welche Geschichte er hat und auch nicht was mit Izzy passierte. Aber für die Entwicklung ist dies wirklich wichtig und hat mich ans Buch gefesselt. So kann eine Geschichte zwischen zwei sehr verletzten Menschen, von denen eine nicht spricht, gleichzeitig unfassbar spannend sein. 

Die Charaktere im Buch sind mir allesamt sehr ans Herz gewachsen. Nicht nur Hannah oder Levi sondern auch all die wunderbar ausgearbeiteten Nebencharaktere. Sarah, Lina, Pia, Jana und so weiter. Sie alle haben ihre ganz eigenen Geschichten und Charakterzüge. Es gab tatsächlich nicht eine Person, die ich nicht leiden konnte. Was mal sehr erfrischend war und auch für das Buch  gut war. Eine Geschichte rund um Tod und Trauer, braucht nicht noch eine unbeliebte Person. Gerne würde ich auch die Geschichten der anderen Jugendlichen wie z.B. Lina noch erfahren.... Nur so als Wink mit dem Zaunpfahl. 
Levi war für mich zu Beginn sehr unnahbar, aber das macht seinen Charakter aus und lässt ihn im Verlauf der Geschichte weiterentwickeln. Hinter seiner Fassade steckt so viel mehr und Stück für Stück wird man diese Geheimnisse zusammen mit Hannah herausfinden. 

Doch neben all den negativen Aspekten, behandelt das Buch auch viele positive. Freundschaft, Zusammenhalt, Identitätsfindung, Zuversicht, Mut und Stärke sind nur eine von vielen. Es bietet also so vieles! 

Fazit:
Die Stille meiner Worte konnte mich auf gesamter Länge überzeugen! Ich habe geweint, ich habe gelacht  - okay vor allem geweint! Aber es ist einfach nur unfassbar schön und zwischen all den Jugendbüchern ein ganz besonderes. Es greift äußerst wichtige Themen auf und ist dabei keine glitzernde, schöne, alles-ist-gut Geschichte. Hannahs Geschichte - und Levis - haben mich in ihren Bann gezogen und so gerne hätte ich noch weiter gelesen. Ich lege euch dieses Buch ans Herz und würde es jeder Zeit wieder lesen! 
Es sei jedoch auch gesagt, dass es Themen aufgreift, die dem ein oder anderen sehr Nahe gehen können. Viele Themen bleiben unausgesprochen, schweben aber dennoch im Raum. Nur als Hinweis.