Rezension

Mit viel Gefühl

Die Stille meiner Worte - Ava Reed

Die Stille meiner Worte
von Ava Reed

Bewertet mit 4 Sternen

Am meisten konnte mich überzeugen, dass psychische Krankheiten nicht romantisiert, sondern sensibel behandelt werden.

Dieses Buch hätte ich vor vier Jahren gebraucht. Ich denke in einem Alter von 14-17 Jahren fühlt man sich von diesem Buch verstanden. "Die Stille meiner Worte" von Ava Reed hat etwas geschafft, was bei mir nur wenige Bücher auslösen, nämlich das jedes Wort mein Herz zerbricht, aber im nächsten Moment wieder heilt. So sollten Bücher geschrieben werden!

Das Cover finde ich schön. Ich muss gestehen, dass ich vor dem Lesen nie bemerkt habe, dass das Mädchen auf dem Cover eine Katze bzw. einen Kater, nämlich Mo in ihren Armen hält... Jetzt da ich es bemerkt habe, finde ich das Cover sehr passend für das Buch. Ich mag auch die Tintenkleckse und die blaue Farbe. Insgesamt wirkt das Cover auf mich beruhigend. Ich finde es sehr schön! Der Schreibstil von Ava Reed hat mir sehr gut gefallen. Außerdem mochte ich die vielen Metaphern und Vergleiche. Besonders der Gedanke: "Ich glaube, die Wünsche, von denen wir wissen, sie werden nie in Erfüllung gehen, wünschen wir uns am meisten" hat mich berührt.

Die Charaktere sind stark und authentisch. Vor allem Hannah. Ich finde es wahnsinnig faszinierend, dass sie im Buch nicht spricht und trotzdem konnte ich jeden ihrer Gedanken verstehen. Die Idee, dass Hannah den Kater Mo mit ins Camp nimmt, finde ich süß. Im echten Leben wäre das womöglich nicht machbar. Im Buch war Mo eine tolle Stütze für Hannah. Die zwei Mädchen, die im Buch eine weitere größere Rolle spielen, haben meiner Meinung nach die Geschichte aufgelockert, auch wenn diese eigene Päckchen zu tragen hatten. Sarah und Lina haben sich authentisch in die Geschichte eingefügt. Manchmal war es für mich komisch, dass Levi ein ehemaliger Betreuer war. Zu ihm hätte ich mir insgesamt mehr an Informationen gewünscht. Seine psychischen Krankheiten waren nicht weniger schlimm, als die von Hannah und den anderen aus dem Camp. Warum genau Levi erst Betreuer im Camp war und danach nochmal als "Gast" zurück gekommen ist, habe ich bis jetzt leider nicht verstanden. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob ich es vielleicht überlesen habe.

Die Handlung hat mich zuerst nicht überzeugt. Ich persönlich konnte nicht viel mit den Briefen von Hannah an Izzy anfangen, da es mir sehr schwer gefallen ist, mich in Hannah's Situation hineinzuversetzen. Mit der Zeit wurde dies etwas besser. Meistens hatte ich allerdings das Gefühl, dass man viele Probleme einfacher hätte lösen können. Die Grundidee mit dem Camp finde ich gut. Ich weiß nicht, ob es sowas in echt gibt, aber ich stelle es mir wirklich heilend für die Jugendlichen vor. Vermutlich gibt es sowas in einer Art Kur. Das Buch hat sich, trotz schwieriger Themen, sehr flüssig lesen lassen. Abgesehen von einer Szene, bei der ich wahrscheinlich einen kurzen Herzstillstand hatte.

ACHTUNG SPOILER!: Diese war, als Hannah noch klein war und mit ihrer Schwester Izzy am Herd an den Knöpfen spielt und sich im Backofen verstecken wollten. Echt jetzt?! Diese Szene ist bereits so gefährlich, als Elternteil hätte ich dies niemals zugelassen. Für mich persönlich war hier ein großes Problem, dass Hannah sich später gerne an diesen Moment zurückerinnert und sich der Gefahr nicht bewusst ist. Geschmacklos ist zudem, dass Izzy bei einem Brand ums Leben kommt, den Hannah ausversehen gelegt hat. Ihr späteres Verhalten war für mich nicht reflektiert. Ein weitere komische Szene war für mich, als Levi Hannah dazu "zwingt", mit ihr zu ihrem alten Haus zu fahren... Und sich dann natürlich noch darüber wundert, dass Hannah durch dieses Erlebnis traumatisiert und geschockt ist. Dass Hannah's Eltern sie nie zurück zu ihrem alten zu Hause gebracht haben, konnte ich ja gerade noch so nachvollziehen. Trotzdem hätte das Hannah bei ihrem Mutismus vermutlich schon eher helfen können. Hier hat mich sehr verwundert, dass ihre Eltern diesen Weg nie in Betracht gezogen haben, sondern Hannah lieber in ein Camp schicken.

Eine sehr schönes und emotionales Buch. An manchen Stellen hätte ich mir mehr Tiefe und Ernsthaftigkeit gewünscht. Vieles war mir zu unrealistisch bzw. habe ich mich hin und wieder ein bisschen zu alt gefühlt, um die Gedanken und Handlungen der Charaktere nachvollziehen zu können. In meinen Augen das schwächste Jugendbuch von Ava Reed, aber trotzdem lesenswert. Der Fakt, dass es psychische Krankheiten nicht romantisiert, sondern sensibel behandelt, hat mich letztendlich auch nochmal überzeugen können.