Rezension

Die Stille nach dem Knall

Und auf einmal diese Stille - Garrett M. Graff

Und auf einmal diese Stille
von Garrett M. Graff

Bewertet mit 5 Sternen

9/11 hat sich für die Ewigkeit in meine Netzhaut und in meine Seele gebrannt, denn ich habe es mit eigenen Augen gesehen, als die Flugzeuge mit dem World Trade Center das Herz Amerikas getroffen haben. Aber auch das Pentagon in Arlington und ein Feld in Shanksville/Pennsylvania waren Tatorte. Während Milliarden von Menschen die Nachricht an Bildschirmen verfolgten, habe ich nicht nur die riesige Explosion, sondern auch das Aufschlagen der Körper von verzweifelten Menschen vernommen, die als einzigen Ausweg aus dem Flammenmeer den Sprung aus dem Fenster gewagt haben, da ihnen der Rückweg versperrt war. Der Einsturz beider Gebäude sowie die riesige Staubwolke begleiten mich bis heute durch meine Träume, während die fernen Stimmen meiner Freunde mir im Ohr klingen, die an diesem Tag gestorben sind…

Mit „Und auf einmal diese Stille“ hat Garrett M. Graff bei mir all jene Gefühle wieder ans Tageslicht gezerrt, die ich nur engsten Freunden offenbart habe. Durch unterschiedliche Blickwinkel gibt Graf flüssig und bildhaft praktisch in Echtzeit wieder, was Betroffene, Einsatzkräfte und Gerettete in diesen Stunden durchgemacht und gedacht haben. Minutiös dokumentiert er ihre Aussagen, gibt ihnen damit eine Stimme, die die Stille durchbricht und endlich offenlegt, wie immens die durch die Terroristen zugefügte Wunde eigentlich ist.

Prägnant lässt er nicht nur die Stimmen zum New Yorker Attentat erklingen, sondern lässt auch genügend Raum für Arlington und Shanksville. Gerade diese recht sachliche Erzählweise des Autors ruft eine Achterbahn der Gefühle an die Oberfläche, lässt Gänsehaut den Rücken hinunterlaufen und die Tränen in die Augen schießen in Gedanken an fast 3.000 Menschen, die an jenem Tag aufgrund eines feigen Anschlags ihr Leben verloren haben und diese Tragödie für jede betroffene Familie und Freunde sowie für alle jene, die ungeplant vor Ort waren oder involviert waren, bis heute weitreichende Konsequenzen hat.

„Und auf einmal diese Stille“ durchbricht das Schweigen. Graff hat 9/11 in Worte gekleidet, hat den Überlebenden und den Toten Raum gegeben, ihre Empfindungen und Gedanken zu offenbaren. Die Lektüre hat mir Schmerzen bereitet, aber auch irgendwie Frieden geschenkt. Es gibt Ereignisse, die das Leben prägen. 9/11 ist eines davon, danach war die Welt eine andere – für jeden von uns!

Ausdrucksstark, empathisch und authentisch, Chapeau – besser geht es nicht!