Rezension

Ein spannender »Wälzer«

Das Verschwinden der Stephanie Mailer - Joël Dicker

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
von Joël Dicker

Bewertet mit 4 Sternen

Joël Dickers Roman »Das Verschwinden der Stephanie Mailer« gehört zu den Büchern, die man am liebsten ohne nennenswerte Unterbrechungen durchlesen möchte – was bei fast 670 Seiten natürlich nicht möglich ist. Die Ermittler Jesse Rosenberg und Derek Scott von der State Police des Staates New York haben 1994, zu Beginn ihrer Polizistenlaufbahn, den Mord an Joseph Gordon, Bürgermeister von Orphea, seiner Frau Leslie, ihrem Sohn, die in ihrem Haus erschossen wurden, sowie an Meghan Padalin, die sich in der Nähe des Hauses aufhielt, aufgeklärt. Meghan Padalin war offenbar als Passantin Zeugin der Taten geworden und wurde deshalb auch umgebracht, so die Ermittler. Beim Versuch der Festnahme kam der Täter ums Leben, für die Ermittler war ihr Erfolg mit tragischen Ereignissen verbunden, die zu Beginn des Romans nur angedeutet und in seinem Verlauf Stück für Stück aufgedeckt werden.

2014, 20 Jahre nach den Morden, recherchiert die Journalistin Stephanie Mailer das Geschehen von 1994 und behauptet gegenüber Rosenberg, sie hätten damals geirrt und hätten nicht das Naheliegende, sondern das gesehen, was sie hätten sehen wollen. Nachdem Stephanie Mailer verschwindet, nehmen Rosenberg und Scott zusammen mit Anna Kanner von der Polizei von Orphea die Ermittlungen wieder auf. Sie verfolgen neue Spuren, erhalten neue Zeugenaussagen, durchleuchten das Tun des ermordeten Bürgermeisters, sodass der Fall in einem anderen Licht zu erscheinen beginnt. Das Rätsel, was Stephanie Mailer mit dem, was keiner gesehen hatte, meinte, wird auf S. 487 f. gelöst, was dem Fall nochmals eine neue Wendung gibt. Als Leser und Leserin kann man diese Wendung allerdings schon direkt zu Anfang erahnen – da man aber erst auf S. 487 erfährt, dass man damit richtig lag, tut das der Spannung keinen Abbruch.

Die Handlung wird aus Sicht verschiedener Personen erzählt, vor allem der Ermittler; dabei wird einiges von privaten Hintergründen berichtet. Das »Personal« des Romans besteht aus teils »normalen«, teils (mit dem Literaturkritiker Meta Ostrowski und dem Ex-Polizisten Kirk Harvey, der sich für einen herausragenden Stückeschreiber und Regisseur hält) skurrilen Personen; manche der Figuren haben mit einer problematischen Vergangenheit und Schuld zu kämpfen.

Gegen Ende des Romans steigert sich die Dramatik, und die Lösung, die schlussendlich präsentiert wird, war für Leser und Leserin kaum vorherzuahnen. Das Ganze wird noch mit einem Gag angereichert, indem eine der Nebenfiguren seiner Frau allerlei Untaten gesteht, sein verwerfliches Tun aufschreibt und ihr die Seiten, zum Suizid bereit, in die Hand drückt, worauf die Frau ganz begeistert von dem Kriminalroman ist, den ihr Gatte offenbar geschrieben hat. Dieser Text sollte dann zum auch fürs Kino adaptierten Bestseller werden.

Insgesamt ist »Das Verschwinden der Stephanie Mailer« ein spannender Wälzer ohne wesentliche Längen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 02. Januar 2021 um 23:44

Klingt eigentlich gar nicht soo toll.