Rezension

Eine fesselnde Idee ohne ausladende Liebesgeschichte

Eve of Man - Die letzte Frau - Tom Fletcher, Giovanna Fletcher

Eve of Man - Die letzte Frau
von Tom Fletcher Giovanna Fletcher

Bewertet mit 4 Sternen

Was wäre, wenn es keine Frauen mehr gäbe?

Allgemein:

"Eve of Man - Die letzte Frau" ist der Beginn einer dystopischen Fantasyreihe des britischen Autorenpaares Giovanna und Tom Fletcher. Der dtv-Verlag übernahm im Sommer 2019 die deutsche Veröffentlichung der Geschichte um die 16-jährige Eve, die den Fortbestand der Menschheit sichern soll. Denn sie ist der erste Mensch weiblichen Geschlechts, der nach 50 Jahren geboren wurde und auch nach ihr folgte keine weitere Geburt eines Mädchen. Schon ihr ganzes Leben bereitet sie sich darauf vor diese Verantwortung zu tragen. Mit der Wahl eines Partners aus 3 Kandidaten soll ein finaler Schritt erfolgen. Doch durch ungeplante Ereignisse begegnet Eve Bram und die Mauern ihrer eigenen Welt bekommt Risse.

Mein Bild:

Als ich der Vorschau zu "Eve of Man" über dem Weg lief, bekam ich eine dezente Gänsehaut. Was wäre, wenn der Mensch durch die ganz simple Tatsache ausstirbt, dass Mutter Natur ihm die Frau wegnimmt? Mir fehlte zum Teil die Vorstellungskraft für so eine Situation, allerdings war mir die Heftigkeit dieser Thematik bewusst. Meine unbändige Neugier auf das Buch und die Hoffnung, dass die Lovestory nicht so viel Platz einnimmt, ließ mich der Buchpost nur so entgegenfiebern.

Der Prolog hatte schon irgendetwas Heldenhaftes, als würde man die Vorgeschichte von Herkules erzählen, bis er begann die Welt von Ungeheuern zu befreien. Das Einzige, was mir gegen den Strich ging, ist die Verwendung der typischen Babyfarben. Denn es gab dann nur noch babyblaue Säuglingsdecken in den Krankenhäusern, weil nur noch Jungen geboren wurden. ich finde es unpassend sich heutzutage in einem Jugendbuch mit diesem Klischee auszudrücken.

Danach werde ich gemächlich Stück für Stück über Eves Ich-Perspektive durch ihren Alltag geführt. Mir gefiel das wahnsinnig gut, wie beispielhaft Beschreibungen erfolgen. Ich meine, wer von uns würde beim Lesen darauf kommen, dass Damenmode so gut wie nicht mehr existiert. Schließlich wird es nicht mehr gebraucht. Es gab viele logische Kleinigkeiten, an die gedacht wurde, dass ich einige kleine "Oh, na klar"- Momente hatte. Dazu mochte ich Eves Charakter von Beginn an. Ihr ist klar, welche Last auf ihren Schultern liegt, doch sie ist in ihrer Art lässig-modern eingestellt, auch an Schlagfertigkeit mangelt es ihr nicht, obwohl sie innerlich oft zweifelt. Jedoch geschieht das alles im Rahmen ihres Wissens und ihrer damit verbundenen Naivität, denn sie wird von der Außenwelt abgeschottet. Für mich als Leserin schrie Eves Leben nach einem in Watte gepackten Elfenbeinturm mit Manipulation ohne Ende, damit sie schön bei der Stange bleibt.

Endgültige Gewissheit darüber bekam über Brams Ich-Perspektive, der sich mit Eves abwechselte. Er stand für die reale (Außen)Welt, die für mich, trotz Vorahnung, überraschend schlimmer gezeigt wurde als gedacht. Ehrlich gesagt, war ich ziemlich erschüttert darüber, welche Ausmaße das Abhandenkommen der Frauen, sowie einige andere ungünstige "Umstände" auslösen können. Mir fehlte allerdings der Ursprung dieser Apokalypse. Es einfach auf Mutter Natur zu schieben ohne ins Detail zu gehen, macht in meinen Augen keinen Sinn, wenn die Folgen so detailliert aufgezeigt werden. Das World Building verdient definitiv eine tiefer gehende Historie.

Brams Perspektive war mir die Liebste von Beiden. Bei ihm geschieht mehr, er ist mutig und kann sich eine komplexe Meinung über Dinge bilden, weil ihm der Zugang zur Wahrheit nicht versperrt bleibt. Zumindest nicht offensichtlich genug versperrt bleibt. Außerdem kennt er Eve besser als ich zunächst annahm und das bescherte mir einen der ersten richtig großen Überraschungsmomente.

Über einige Twists innerhalb des Plots steigt das Erzähltempo drastisch an. Ich merkte sofort, dass das gemütliche Leben im Elfenbeinturm zu wackeln begann. Mit jedem Kapitel gingen Eve und Bram einen Schritt weiter aus ihrer Komfortzone heraus. Freiheit, Selbstbestimmung, Wahrheit und Rebellion sind die passenden Stichwörter. Ich feuerte Beide innerlich an und hoffte inständig, dass sie zusammenfinden mögen!

Abgesehen vom modernen, apokalyptischen Worldbuiding bleibt mir vor allem Eves moralischer Konflikt in Erinnerung. Für mich als selbstbestimmte Frau ist die Vorstellung, von anderen als Spielball der Menschheit benutzt zu werden, absolut widerwärtig. Doch Eve ist für mich authentisch, weil sie es nicht anders kennt und dadurch über den ein oder anderen Zweifel hinwegsah. Die Frage ist doch: Denke ich an mich selbst und lebe mein Leben oder opfere ich mich für die Menschheit? Abschließend sei gesagt, dass sie, für mich, die richtige Entscheidung fällt, auch wenn dieser Band der Geschichte mit einem doch vorhersehbaren Cliffhanger endet.

Fazit:

"Eve of Man - Die letzte Frau"besticht durch eine außergewöhnliche moralische Thematik im Fantasyformat. Ein Roman, der gemächlich beginnt und zum Schluss mit nervenaufreibenden Tempo an Fahrt aufnimmt.