Rezension

Faszinierende Neuinterpretation

James -

James
von Percival Everett

Bewertet mit 4 Sternen

Percival Everett, der amerikanische Autor, der den farbigen US- Amerikanern mit jedem seiner Bücher eine Stimme gibt, hat einen literarischen Coup gelandet.
Er interpretiert einen der größten Klassiker der Weltliteratur neu, und bindet ihn so in unsere heutige, gespaltene Gesellschaft ein. Das ist neu und das ist genial!
In „James“ erzählt Everett die Geschichte von Huckleberry Finn, dem jungen Helden aus Mark Twains weltberühmtem Buch, und dem Sklaven Jim, der bei Twain eine Nebenfigur, wenn auch eine wichtige ist, neu und aus der Sicht von Jim. 
Schon Twain war seiner Zeit voraus, und wendete sich in seinen Mississippi - Abenteuern gegen die landläufige Meinung, dass farbige Menschen als zweitklassig anzusehen und zu behandeln waren. Damit setzte er schon in seiner Zeit ein Zeichen gegen Rassismus.
Everett nimmt sich nun diesen Klassiker vor und zeigt in berührender Art und Weise, wie sinnlos, brutal und inhuman die Sklaverei in den USA im 19. Jahrhundert war, und im Amerikanischen Bürgerkrieg mündete, und wie verachtenswert auch in unserer Gesellschaft dieser alltägliche Rassismus ist.
James, nicht das verniedlichte Jim, ist ein intelligenter, des Lesens und Schreibens mächtiger Mann, dessen einziges Makel sein Sklavendasein ist. Er arbeitet hart, liebt Frau und Tochter und möchte einfach nur frei sein. Als er verkauft werden soll, flieht er mit seinem jugendlichen Freund Huckleberry, der ihn bewundert und als Mensch sieht und behandelt.
Wie in Twains Klassiker, bestehen die beiden manche Abenteuer. Huck ist auf der Flucht vor seinem gewalttätigen Vater, James auf der Suche nach dem Leben. 
Dass James eine Art Pidgeon- Englisch sprechen muss, um seine devote Haltung als Sklave zu untermauern, und um nicht intelligenter zu sein, als die sogenannte „Herrschaft“, ist ein ganz bitterer Aspekt dieses Romans. In Wahrheit schlummert ein belesener Philosoph in diesem schwarzen Helden. In seinen Träumen lässt Everett seinen Protagonisten immer wieder Zwiesprache mit berühmten Philosophen, wie Locke, Voltaire oder Rousseau halten.
Mit „James“ hat Percival Everett nicht nur einen literarischen Bürgerrechtler erschaffen, er hält der Gesellschaft einen Spiegel vor, und entlarvt den heutigen, immer noch währenden Rassismus, einmal mehr als unmenschlich, borniert und verachtenswert!