Rezension

Gelungene Fortsetzung

Der Knochengarten
von Val McDermid

Bewertet mit 5 Sternen

Angesichts Carol Jordans posttraumatischer Belastungsstörung und ihrem Abschied aus dem Polizeidienst sowie Tony Hills Gefängnisstrafe fragt man sich, wie McDermid eine Reihe fortschreiben kann, in der die beiden Protagonisten, die ihr in der Vergangenheit ihren Stempel aufgedrückt haben, nicht mehr Teil des Teams und der Ermittlungsarbeit sind. Um es gleich vorweg zu nehmen, es ist ihr gelungen.

Wer Action und/oder voyeuristische Gewaltdarstellungen sucht, mit denen weniger talentierte Autoren gerne ihr Unvermögen kaschieren, ist bei Val McDermid an der falschen Adresse. Ihre Kriminalromane zeichnen sich vor allem durch die detaillierte Beschreibung der Polizeiarbeit und das tiefe Eintauchen in die Psyche ihrer Protagonisten aus. Und genau das generiert in diesem Krimi eine ganz besondere Art von Spannung.

Hill versucht sich im Gefängnisalltag zurechtzufinden, den Aufenthalt möglichst unbeschadet an Leib und Seele zu überstehen. Hilft Mitgefangenen und nutzt die Zeit, um „Verbrechen lesen“ zu schreiben. Ein Handbuch für Profiler, aus dem wir zu Beginn eines jeden Kapitels interessante Auszüge zu lesen bekommen. Jordan hingegen hat endlich den Mut gefasst, ihr Trauma mithilfe einer Therapeutin anzugehen. Und es zeichnet sich ein weiteres Betätigungsfeld für sie ab, in dem sie ihre im Polizeidienst erworbenen Fähigkeiten nutzen kann. Also auch genügend Stoff für zukünftige Bände der Reihe.

Paula und die ehemaligen Mitglieder von Jordans Team müssen sich währenddessen an die neue Leitung der ReMIT gewöhnen und ihre Fähigkeiten beweisen, wobei diese ganz besondere Gruppendynamik interessante Einblicke gewährt.

Die Story um das Massengrab in der Nähe eines von Nonnen geleiteten Waisenhauses ist jetzt nicht der Rede wert, denn dieses Thema wurde in der jüngsten Vergangenheit in zahlreichen Kriminalromanen ausgeschlachtet. Und auch die Geschichte um die per Zufall auf einem nahegelegene Privatgelände endeckten Skelette konnte mich nicht vom Hocker reißen, denn in beiden Fällen waren die Täter zu offensichtlich auszumachen.