Rezension

Nackt und brutal, aber auch herzergreifend

Bis zum letzten Tropfen - Mindy McGinnis

Bis zum letzten Tropfen
von Mindy McGinnis

Bewertet mit 5 Sternen

zum Inhalt:

Nach einer Choleraepidemie und dem Zusammenbruch der Zivilisation ist sauberes Wasser das wertvollste Gut. Die sechzehnjährige Lynn hat schon früh gelernt, es um jeden Preis zu verteidigen. Gemeinsam mit ihrer Mutter bewohnt sie ein einsames Farmhaus und verbringt ihre Tage damit, Brennholz und Nahrung zu beschaffen. Und den Teich hinter dem Haus vor durstigen Eindringlingen zu schützen. Als eines Tages ein Fremder auftaucht und Lynn und ihre Mutter Fußspuren um den Teich herum entdecken, wird ihnen sofort klar, dass jemand ihre geheime Quelle entdeckt hat. Der Ernstfall, auf den Lynn seit Jahren vorbereitet ist, scheint einzutreten. Eigentlich hat sie keine Angst. Doch dann wird ihre Mutter von Kojoten schwer verletzt. Und Lynn muss sich in den umliegenden Siedlungen Hilfe suchen, denn allein kann sie die Farm nicht retten.

kurzer Einblick:

"Es gibt Dinge, die ich dir nicht gesagt habe", sagt Mutter leise, die Augen von Lynns Gesicht abgewendet. "Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt; ich will nicht, dass du abgelenkt bist. Du musst nur wissen, das es böse Männer in dieser Welt gibt, und schnell durch die Hand deiner Mutter zu sterben ist besser, als Ihnen in die Hände zu fallen."
(Seite 25)
Selbst auf Lynns Gesicht waren Flecken, dort, wo sie sich während der Arbeit das Haar aus dem Gesicht gestrichen hatte. Ihre Arme waren glitschig von Blut, und es schmatzte zwischen ihren nackten Zehen.
(Seite 49)
"Nein", sagte Lynn langsam, jedes Wort sorgfältig wählend, während sie sprach. " Es ist bestimmt schön, wenn man nicht jede Minute gegen den Tod kämpfen muss."
(Seite 177)
Lynn musterte ihn einen Moment ernst. "Du versuchst doch nicht, Sex mit mir zu haben, oder?" Für einen flüchtigen Augenblick war Eli sprachlos ….
(Seite 215)
Während sie ihn durch das Zielfernrohr beobachtete, fragte sie sich, was Mutter wohl empfinden würde, wenn sie wüsste, das der Rauch im Süden von einem Feuer aus ihrer Vergangenheit stammte.
(Seite 300)

MEINE MEINUNG: 

Lynn ist ein sehr gewöhnungsbedürftiger Charakter aufgrund ihrer Erziehung. 
Was bei anderen Büchern der Galgenhumor ist muss hier der nackten Realität weichen. Lynn ist von ihrer Mutter so erzogen worden und kennt keine anderen Menschen, somit  ist der soziale Spielraum der für uns selbstverständlich ist, für sie nicht vorhanden. Sie kennt es einfach nicht!
Einerseits lebt sie in der freien Natur der großen weiten Welt, andererseits wuchs sie mit ihrer Mutter auf ihrer Farm auf ohne jeglichen Kontakt zu Außenwelt. Das ist hart, echt harter Tobak und macht sie somit quasi nicht überlebensfähig sobald sie auf Menschen trifft. Da nutzt auch keine Schrotflinte über der Schulter hängend.
Auf eine gewisse Weise macht es Spaß, über ihr unwissen zum Thema flirten und verlieben zu lesen andererseits ist es erschreckend, dass es Menschen gibt die mitten unter uns in solch einem völligem unwissen leben.
Stepps ist es, der sie letztendlich in das Leben führt, nachdem er so etwas wie eine Tochter in ihr sieht. Er erklärt ihr viel über die Welt, aber auch über ihre Mutter oder ihren nicht kennenden Vater. Er ist trotz seines Schicksals und der Abgeschottenheit, nicht Weltfremd und versucht jedem zu helfen wo er nur kann. Er sieht immer erst das gute im Menschen. Im Gegensatz zu Lynn.

Eine schlechte Wahl der Autorin war die Namensgebung: Lynn & Lucy. Nicht nur ich hat ab und an meine Probleme, so dass es hier im Buch auch zu vertauschten Namen kam. Aber wer in der Geschichte voll drin ist (was ich nicht anzweifle), bemerkt es und kann den Fehler virtuell rückgängig machen.
Die anderen Charakter zu erklären würde Euch einfach zu viel von der Geschichte verraten, deshalb seit einfach gespannt wer Lucy, Eli oder Neva ist.

Wir haben hier eine Dystopie, die doch sehr brutal ist. Die Autorin redet hier absolut nichts schön und setzt die richtigen Worte ein, die dich mitten ins Herz treffen. Oftmals musste ich eine Klos schlucken, so echt sind die Szenen beschrieben.
Nackt und brutal, aber auch herzergreifend trifft den Schreibstil wahrscheinlich am ehesten!
Mindy McGinnis, selbst aufgewachsen in einer bewaldeten Region, beschreibt hier sehr gut das Überleben in der Wildnis. Dieses Thema hat sie selbst bereits als Kind schon fasziniert. Und das spürt man.
Völlig unvorhersehbar, denkt man das war´s jetzt und schon kommt die nächste Katastrophe. Egal ob es sich hier um eine Naturkatastrophe oder um eine Herzenssache handelt, es wird einfach nicht langweilig. Mindy McGinnis spielt mit dem Leser und wirft in von einem Gefühl ins nächste. Ein Wechselbad der Gefühle.
Da man derzeit nicht ersehen kann, ob es wie bereits gewohnt eine Trilogie wird ist die Geschichte hier
für Lynn wohl abgeschlossen. Allerdings erscheint in den nächsten Tagen auf dem englischen Markt
ein zweiter Teil indem es um Lucy geht. 
Sehr gerne würde ich dieses Buch hier anknüpfen und hoffe, der Verlag übersetzt es für mich und viele
andere, die hier gefallen daran gefunden haben.
Eine ganz klare Leseempfehlung von meiner Seite für alle Dystopiefans und solche die es werden 
wollen. Katniss-Anhänger werden die taffe Lynn lieben!